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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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W. Vöge. Der Meister des Blaubeurer Hochaltars und seine Madonnen 17


Abb. 7. Schutzmantel-Madonna. Detail
□ Berlin, Kaiser Friedrich-Museum

die Altersrisse in den nackten Teilen, der Vergoldung. Man kann, wenn irgendwo,
an diesem Altar die Gepflogenheiten der spätgotischen Bemaler studieren. Bei den
großen, mit der Fernwirkung rechnenden Statuen des Schreines blieb dem Pinsel
manches überlassen; das Geäder auf den Händen z. B., das bei den Apostelbüsten der
Predella dagegen der Schnitzer selbst gab. Die Nasen sind rot überhaucht, von unten
her, — zeitblomisch.
Daß die fliegenden Engel (Abb. 11) von der Hand sind, welche die Statuen
schuf, ist besonders den beiden unteren vom Gesicht zu lesen. Das gleiche scheint
von den Hauptfiguren des bekrönenden
Aufsatzes zu gelten, den Statuen Johannis
und der mater dolorosa. Ihnen zu Füßen
sind in den Blätterknollen des Geästs
wie in Blumenkelchen oder Körben die
Halbfiguren der vier Kirchenväter an-
gebracht. An diesen fallen größer auf-
getane, schöner ausgerundete Augen auf,
die unten an den Büsten der Schild-
halter, auf den Schmalseiten des Schrei-
nes, ähnlich wieder begegnen. Zwar
tut die Statue des hl. Benedikt im Schreine
dar, daß auch für diese Typen — wie
für die der Apostel auf der Staffel —
das Kopfideal des Madonnenmeisters die
Unterlage bot, daß, wenn schon mehrere
Hände sich beteiligt haben, von einem
Scheiden verschiedener Geister, einem
Herausschälen verschiedenartiger Indivi-
dualitäten hier nicht wohl gesprochen
werden kann.
Am Fußgestell der Madonnenstatue
ist, wie man weiß, das Wappen des

Stifters, des Abtes Heinrich III. Fabri (oder Schmid) angebracht. Er selbst erscheint
in halber Figur, halb Porträt, halb die Lieblingszüge unseres Meisters tragend, ober-
halb der Anbetung der Könige; ihm gegenüber sein Schutzherr, Graf Eberhard im
Bart.1) Fabri saß bis 1495; der Altar fällt in seine letzten Jahre; es scheint, daß er die
Bildwerke noch fertig sah. Denn bei der Reinigung derselben ist kürzlich auf der
Rückseite des rechten Flügelreliefs mit der Anbetung der Könige die Jahreszahl 1493
neben einer flüchtigen Pinselskizze zutage gekommen.2) Inzwischen soll ein zweites
Datum, 1494, auf der Rückseite des Altares entdeckt sein. Zwar, wenn es richtig ist,
daß an einem Schlußstein des Chorgewölbes, mit Fabris Wappen, die Jahreszahl 1497

9 Vgl. dazu Klemm, Württemb. Baumeister u. Bildhauer, Stuttgart, 1882.

2) Gütige Mitteilung des Herrn Hofrat Baur der mich, wie Herr Werkmeister Mögle beim
Studium des Altares in jeder Hinsicht förderte.
 
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