36
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Von der Besprechung der beiden nicht holländischen Bilder, einer Skizze von
Rubens (Abb.il) und eines schönen farbenreichen Jagdstillebens von Jan Fyt (Abb. 12)
sehe ich ab. (Das letztere Bild wurde auch auf der Versteigerung J. Mönchen er-
worben; Nr. 80 des Kataloges.) Die Reproduktionen mögen hier genügen.
Dagegen bitte ich zum Schluß noch um
Sweerts, dem holländischen Le Nain, wie ihn
Abb. 13. MICHIEL SWEERTS, Kopf eines Jünglings
Leinwand 24,5x18 cm
Gehör für ein Gemälde von Michiel
Martin in seiner grundlegenden Ab-
handlung über Sweerts1) genannt hat.
Sweerts Werke, die bis vor kurzer
Zeit noch fast alle falsche Namen trugen
oder unbeachtet in den Galerien hingen,
sind von Martin zum ersten Mal ge-
sammelt und zur Grundlage einer über
die künstlerische Persönlichkeit dieses
Malers Aufschluß gebenden Studie ge-
macht worden. Sweerts, der lange
in Rom war und sich dort vielen frem-
den Einflüssen zugänglich zeigte, schloß
sich auch später, nach seiner Rückkehr
in die Heimat an bestimmte Künstler
an. Am glücklichsten war er wohl in
den Gemälden, die unter der Einwir-
kung Terborchs entstanden sind. Zu
dieser Gruppe gehört der hier abge-
bildete Jünglingskopf (Abb. 13). Er
ist im ganzen in kühlen sepiabraunen
Tönen gehalten, sorgsam weich und
vertrieben gemalt und von fast etwas
sentimentalem Ausdruck. Gerade dieser
Gesichtsausdruck, dann die technische
Behandlung des langen weich fließen-
den Haares, ganz besonders aber der
rosige Ton der Fleischfarbe sind für
Sweerts als Maler stark ins Gewicht
fallende Momente. Das Bild trug früher nämlich nicht den Namen Sweerts, sondern
wurde als solches erst von Dr. Hofstede de Groot bestimmt, als er das Bild auf einer
Pariser Auktion im Jahre 1907 sah und gleich erwarb. Die Art und Weise des Bild-
ausschnittes (unten rechts) machen es wahrscheinlich, daß das Gemälde in seiner jetzigen
Gestalt nur ein Fragment einer größeren Komposition darstellt. —
Die eben betrachtete Sammlung ist die eines Kunstgelehrten. Man erwartet
daher vielleicht mehr als sonst, daß sich in ihr die persönliche Eigenart des Besitzers
0 „Michiel Sweerts als schilder. Proeve van een Biografie en een Catalogus van zijn schil-
derijen." Oud-Holland 1907, Heft 3.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Von der Besprechung der beiden nicht holländischen Bilder, einer Skizze von
Rubens (Abb.il) und eines schönen farbenreichen Jagdstillebens von Jan Fyt (Abb. 12)
sehe ich ab. (Das letztere Bild wurde auch auf der Versteigerung J. Mönchen er-
worben; Nr. 80 des Kataloges.) Die Reproduktionen mögen hier genügen.
Dagegen bitte ich zum Schluß noch um
Sweerts, dem holländischen Le Nain, wie ihn
Abb. 13. MICHIEL SWEERTS, Kopf eines Jünglings
Leinwand 24,5x18 cm
Gehör für ein Gemälde von Michiel
Martin in seiner grundlegenden Ab-
handlung über Sweerts1) genannt hat.
Sweerts Werke, die bis vor kurzer
Zeit noch fast alle falsche Namen trugen
oder unbeachtet in den Galerien hingen,
sind von Martin zum ersten Mal ge-
sammelt und zur Grundlage einer über
die künstlerische Persönlichkeit dieses
Malers Aufschluß gebenden Studie ge-
macht worden. Sweerts, der lange
in Rom war und sich dort vielen frem-
den Einflüssen zugänglich zeigte, schloß
sich auch später, nach seiner Rückkehr
in die Heimat an bestimmte Künstler
an. Am glücklichsten war er wohl in
den Gemälden, die unter der Einwir-
kung Terborchs entstanden sind. Zu
dieser Gruppe gehört der hier abge-
bildete Jünglingskopf (Abb. 13). Er
ist im ganzen in kühlen sepiabraunen
Tönen gehalten, sorgsam weich und
vertrieben gemalt und von fast etwas
sentimentalem Ausdruck. Gerade dieser
Gesichtsausdruck, dann die technische
Behandlung des langen weich fließen-
den Haares, ganz besonders aber der
rosige Ton der Fleischfarbe sind für
Sweerts als Maler stark ins Gewicht
fallende Momente. Das Bild trug früher nämlich nicht den Namen Sweerts, sondern
wurde als solches erst von Dr. Hofstede de Groot bestimmt, als er das Bild auf einer
Pariser Auktion im Jahre 1907 sah und gleich erwarb. Die Art und Weise des Bild-
ausschnittes (unten rechts) machen es wahrscheinlich, daß das Gemälde in seiner jetzigen
Gestalt nur ein Fragment einer größeren Komposition darstellt. —
Die eben betrachtete Sammlung ist die eines Kunstgelehrten. Man erwartet
daher vielleicht mehr als sonst, daß sich in ihr die persönliche Eigenart des Besitzers
0 „Michiel Sweerts als schilder. Proeve van een Biografie en een Catalogus van zijn schil-
derijen." Oud-Holland 1907, Heft 3.