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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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Burkhard Meier. Über den Basler Altar des Konrad Witz

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Linker Flügel, Innenseite Rechter Flügel, Außenseite

gemäß durch „Manna" und „Passahlamm" ein-
genommen sein.
„Esther und Assuerus" und „Caesar und Anti-
pater" versinnbildlichen, wie Christus Gottvater
seine Würden zeigt. Bei Esther hinkt der Ver-
gleich, sie ist die Vertreterin des leidenden Israel.
Im Speculum fehlt wieder die dritte Parallel-
stelle aus dem A. T., sie ist ersetzt durch „Maria
zeigt Christus ihre Brüste". Witz übernimmt
wiederum nur die beiden legitimen Parallel-
szenen. Es wird hierdurch noch wahrschein-
licher, daß das leere Feld des rechten Flügels
durch ein Gegenstück zum Abendmahl besetzt
war, für das eben 3 (bei Bouts sogar 4) Parallel-
szenen vorhanden waren.
Nur die Verkündigung ist nicht ersetzt, viel-
leicht, weil der Raum für die im Speculum vor-
handenen 3 Bilder nicht ausreichte, vielleicht auch
weil diese Darstellung auf der Außenseite von
Flügelaltären so oft wiederkehrt. Es sind dem-
nach folgende Ereignisse in das N. T. über-
tragen, dargestellt.
Die Verkündigung der Geburt in 2 Feldern
Die Anbetung der Könige „ 3
Die Einsetzung des Abendmahls „ 2
Es bleibt schließlich noch ein Feld zu be-
setzen, das Gegenstück zum Christoforus. Denn
die Gegenstücke zum Engel und Priester des

alten Bundes, sind ja ohne weiteres gegeben.
Was soll der Christoforus hier? Das Speculum
kennt ihn nicht. Christoforus ist der Heilige
gegen die Pest.1) Im Jahre 1439 herrschte die
Pest verheerend in Basel.2)
Es ist verlockend, sie mit Christoforus in Be-
ziehung zu setzen und so erstens eine Erklärung
für seine Darstellung, zweitens das Jahr 1439
für die Entstehung des Altars zu gewinnen.
Nach Wackernagel ist die Darstellung der Toten-
tänze an den Wänden der Kirchhöfe zu Pre-
digen und in Klingenthal ebenfall unmittelbar
auf die Einwirkung der Pest zurückzuführen.
Warum sollen nicht auch Konrad Witz oder
seine Auftraggeber unter dem Eindruck der
Seuche gehandelt haben?
Interessant ist, daß der Altar inhaltlich in
keiner Beziehung zu der Biblia pauperum Wei-
gel-Felix steht/) vielleicht ein Beweis mehr,
daß Witz nicht der Autor dieser Zeichnungen
ist, wenn man dem auch entgegenhalten mag,
daß der Künstler bei beiden Werken nach ge-
nauer Vorschrift gearbeitet haben kann.

9 Siehe Detzel „christl. Ikonographie" mit Belegen.
Otte nennt den Christoforus nur als Beschützer vor
schnellem Tod.

2) Siehe Wackernagel „Gesch. der Stadt Basel Bd. I.
1907 S. 522f.

3) Inhaltsverzeichnis, wieder abgedruckt durch Schnütgen
in der Ztsch. f. christl. Kunst 1905 S. 625.
 
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