68
Monatshefte für Kunstwissenschaft
David und Abisay
100x80 cm
Sabochay und Banaias
100X80 „
Christoforus
99X80 „
Priester des alten Bundes
100x68 „
Ecclesia
85X80 „
Synagoge
84X79 „
Salamon und Königin von Saba
86X80 „
Esther und Assuerus
84X78 „
Verkündigungsengel
85X68 „
Melchisedek und Abraham
84x68 „
Caesar und Antipater
84X68 „
Die Tafeln mit einer Höhe von 100 cm bil-
den die untere Reihe, die von 86 cm Höhe die
obere, die Tafeln mit einer Breite von 80 cm
sitzen zunächst den Angeln, die von 68 cm
Breite an der äußeren Seite. Ich nehme dabei
mit Burkhard an, daß sämtliche Tafeln von den
Flügeln des Altars stammen, ebenso, daß die
Bilder mit Architektur an die Außenseite, die
Bilder mit Teppichgrund an die Innenseite ge-
hören. Die Tafel mit dem hl. Christoforus will
schlecht als einzige Landschaft zu den übrigen
Tafeln passen, die Maße weisen ihr aber einen
bestimmten Platz der Außenseite zu; man muß
sich darein fügen, will man nicht ein zweites
Flügelpaar annehmen. Wir werden am Schluß
sehen, daß es mit dieser Darstellung vielleicht
seine besondere Bewandtnis hat.
Es ergibt sich also eine Anordnung wie sie
die beigegebenen Abbildungen zeigen.
Eine Erörterung macht das Kreuzensteiner
Bild „Salomon und die Königin von Saba" not-
wendig. Es wurde von Stiaßny (Preuß. Jahr-
buch 1906) wegen seines Teppichgrundes, der
keine Stange wie die anderen Tafeln der oberen
Reihe aufweist, in die untere Reihe verwiesen.
Nach Maßen und Komposition kann diese Tafel
nur an die ihr von mir zugewiesene Stelle ge-
hören, sie ist das Gegenstück zu „Esther und
Assuerus" und fügt sich mit den anderen 3 Tafeln
zu einem wundervollen Rhythmus zusammen.
Der Hintergrund ist in Zeichnung und Technik
von denen aller anderen Tafeln völlig verschie-
den, ihm fehlen merkwürdigerweise auch die
Beischriften. So echt auch sein Aussehen auf
dem Lichtdruck ist, muß er von einer, wahr-
scheinlich modernen, Erneuerung herrühren, die
auch sonst den Charakter des Bildes verändert
haben mag; namentlich erscheinen die Figuren
weniger körperlich und mit dem Hintergrund
enger verbunden als auf den Basler Tafeln.
Eine endgültige Entscheidung kann man natür-
lich nur vor dem Original treffen.1)
j) Nach gütigem Schreiben aus dem Kabinet Sr. Exz.
des Grafen Wilczek ist freilich von einer Erneuerung des
Hintergrundes dort nichts bekannt und auch nichts be-
Die Richtigkeit der Rekonstruktion wird z. B.
unterstützt durch die Beobachtung, daß die über-
einander angeordneten Tafeln: „Esther und As-
suerus" und„Sabochay und Banaias" einenHinter-
grund mit völlig gleichem Muster haben, was
bei die anderen Stücken gewiß auch der Fall
gewesen ist.
Die perspektivischen Linien der Gehäuse, in
denen die Figuren der Außenseite stehen, gehen
nach der Mittelachse des Altars zu, wenn auch
mit größter Willkürlichkeit. Dies ist für die
Unterbringung des Mannes mit Messer und
Buch von Wichtigkeit, seinen Maßen nach
könnte er auch auf die andere Seite gehören,
dem Bau seines Gehäuses nach gehört er zu
dem Flügel, auf dem die Synagoge steht. Er
scheint also in innerlicher Beziehung zu ihr zu
stehen und wird nicht den Apostel Bartolomäus
darstellen,obwohl der kurze gekräuselte schwarze
Bart und der weiße Mantel sonst typisch für
den Apostel sind. Er ist der Priester des alten
Bundes, aber sein Messer ist das Symbol der
Beschneidung, nicht das Opfermesser wie Burck-
hardt meint. In den Passions- und Propheten-
spielen L) wird es in diesem Sinne gebraucht.
Burckhardt hat darauf hingewiesen, daß sich
Witz inhaltlich an das Speculum humanae sal-
vationis angelehnt hat. In dem Speculum des
XIV. Jahrhunderts, welches Lutz und Perdrizet
publiziert haben (Mühlhausen 1907) und das
ursprünglich aus Schlettstadt stammt, jetzt in
München ist, sind, wie in allen anderen Exem-
plaren des Speculum, je 3 Szenen des A. T.
oder der antiken Sage einem Ereignis des N. T.
gegenübergestellt. Diese Regel hat auch Witz
befolgt, allerdings mit Abweichungen.
„Abisay, Sabochay und Banaias bringen
David Wasser" und „die Königin von Saba
huldigt Salomo", zusammen 3 Tafeln versinn-
bildlichen die Anbetung der Könige. Das Spe-
culum ist um die dritte Parallelform verlegen,
sie wird ersetzt durch ein Ereignis des N. T.
„die Könige erblicken den neuen Stern". Witz,
der nicht unter dem Zwange des Schemas steht,
läßt diese Szenen fort.
„Abraham vor Melchisedek" weist auf die
Einsetzung des Abendmahles hin. Im Speculum
gehören noch dazu „Manna" und „Passahlamm".
Auch Bouts in seinem Löwener Abendmahls-
altar hat diese 3 Szenen gemalt. Die beiden
leeren Felder der Innenseite können also sinn-
merkt worden. Das Bild wurde 1896 aus dem Wiener
Kunsthandel erworben und läßt sich nicht weiter zurück-
verfolgen.
9 Weber „Geistl. Schauspiel und kirchl. Kunst" S. 92,
hier auch eine Bemerkung über die Judenhüte auf dem
Fähnchen der Synagoge S. 130 und 139.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
David und Abisay
100x80 cm
Sabochay und Banaias
100X80 „
Christoforus
99X80 „
Priester des alten Bundes
100x68 „
Ecclesia
85X80 „
Synagoge
84X79 „
Salamon und Königin von Saba
86X80 „
Esther und Assuerus
84X78 „
Verkündigungsengel
85X68 „
Melchisedek und Abraham
84x68 „
Caesar und Antipater
84X68 „
Die Tafeln mit einer Höhe von 100 cm bil-
den die untere Reihe, die von 86 cm Höhe die
obere, die Tafeln mit einer Breite von 80 cm
sitzen zunächst den Angeln, die von 68 cm
Breite an der äußeren Seite. Ich nehme dabei
mit Burkhard an, daß sämtliche Tafeln von den
Flügeln des Altars stammen, ebenso, daß die
Bilder mit Architektur an die Außenseite, die
Bilder mit Teppichgrund an die Innenseite ge-
hören. Die Tafel mit dem hl. Christoforus will
schlecht als einzige Landschaft zu den übrigen
Tafeln passen, die Maße weisen ihr aber einen
bestimmten Platz der Außenseite zu; man muß
sich darein fügen, will man nicht ein zweites
Flügelpaar annehmen. Wir werden am Schluß
sehen, daß es mit dieser Darstellung vielleicht
seine besondere Bewandtnis hat.
Es ergibt sich also eine Anordnung wie sie
die beigegebenen Abbildungen zeigen.
Eine Erörterung macht das Kreuzensteiner
Bild „Salomon und die Königin von Saba" not-
wendig. Es wurde von Stiaßny (Preuß. Jahr-
buch 1906) wegen seines Teppichgrundes, der
keine Stange wie die anderen Tafeln der oberen
Reihe aufweist, in die untere Reihe verwiesen.
Nach Maßen und Komposition kann diese Tafel
nur an die ihr von mir zugewiesene Stelle ge-
hören, sie ist das Gegenstück zu „Esther und
Assuerus" und fügt sich mit den anderen 3 Tafeln
zu einem wundervollen Rhythmus zusammen.
Der Hintergrund ist in Zeichnung und Technik
von denen aller anderen Tafeln völlig verschie-
den, ihm fehlen merkwürdigerweise auch die
Beischriften. So echt auch sein Aussehen auf
dem Lichtdruck ist, muß er von einer, wahr-
scheinlich modernen, Erneuerung herrühren, die
auch sonst den Charakter des Bildes verändert
haben mag; namentlich erscheinen die Figuren
weniger körperlich und mit dem Hintergrund
enger verbunden als auf den Basler Tafeln.
Eine endgültige Entscheidung kann man natür-
lich nur vor dem Original treffen.1)
j) Nach gütigem Schreiben aus dem Kabinet Sr. Exz.
des Grafen Wilczek ist freilich von einer Erneuerung des
Hintergrundes dort nichts bekannt und auch nichts be-
Die Richtigkeit der Rekonstruktion wird z. B.
unterstützt durch die Beobachtung, daß die über-
einander angeordneten Tafeln: „Esther und As-
suerus" und„Sabochay und Banaias" einenHinter-
grund mit völlig gleichem Muster haben, was
bei die anderen Stücken gewiß auch der Fall
gewesen ist.
Die perspektivischen Linien der Gehäuse, in
denen die Figuren der Außenseite stehen, gehen
nach der Mittelachse des Altars zu, wenn auch
mit größter Willkürlichkeit. Dies ist für die
Unterbringung des Mannes mit Messer und
Buch von Wichtigkeit, seinen Maßen nach
könnte er auch auf die andere Seite gehören,
dem Bau seines Gehäuses nach gehört er zu
dem Flügel, auf dem die Synagoge steht. Er
scheint also in innerlicher Beziehung zu ihr zu
stehen und wird nicht den Apostel Bartolomäus
darstellen,obwohl der kurze gekräuselte schwarze
Bart und der weiße Mantel sonst typisch für
den Apostel sind. Er ist der Priester des alten
Bundes, aber sein Messer ist das Symbol der
Beschneidung, nicht das Opfermesser wie Burck-
hardt meint. In den Passions- und Propheten-
spielen L) wird es in diesem Sinne gebraucht.
Burckhardt hat darauf hingewiesen, daß sich
Witz inhaltlich an das Speculum humanae sal-
vationis angelehnt hat. In dem Speculum des
XIV. Jahrhunderts, welches Lutz und Perdrizet
publiziert haben (Mühlhausen 1907) und das
ursprünglich aus Schlettstadt stammt, jetzt in
München ist, sind, wie in allen anderen Exem-
plaren des Speculum, je 3 Szenen des A. T.
oder der antiken Sage einem Ereignis des N. T.
gegenübergestellt. Diese Regel hat auch Witz
befolgt, allerdings mit Abweichungen.
„Abisay, Sabochay und Banaias bringen
David Wasser" und „die Königin von Saba
huldigt Salomo", zusammen 3 Tafeln versinn-
bildlichen die Anbetung der Könige. Das Spe-
culum ist um die dritte Parallelform verlegen,
sie wird ersetzt durch ein Ereignis des N. T.
„die Könige erblicken den neuen Stern". Witz,
der nicht unter dem Zwange des Schemas steht,
läßt diese Szenen fort.
„Abraham vor Melchisedek" weist auf die
Einsetzung des Abendmahles hin. Im Speculum
gehören noch dazu „Manna" und „Passahlamm".
Auch Bouts in seinem Löwener Abendmahls-
altar hat diese 3 Szenen gemalt. Die beiden
leeren Felder der Innenseite können also sinn-
merkt worden. Das Bild wurde 1896 aus dem Wiener
Kunsthandel erworben und läßt sich nicht weiter zurück-
verfolgen.
9 Weber „Geistl. Schauspiel und kirchl. Kunst" S. 92,
hier auch eine Bemerkung über die Judenhüte auf dem
Fähnchen der Synagoge S. 130 und 139.