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Monatshefte für Kunstwissenschaft
lieh die „Anbetung der Könige" in Rouen, dort Farinato genannnt. In Farben und
Typen sind hier die Beziehungen zu dem Münchner Bild besonders eng. Leider bin
ich vorläufig nicht in der Lage eine Abbildung dieses interessanten Werkes zu bringen.
Einstweilen besteht wenig Aussicht den auf stilkritischem Wege gefundenen
Meister mit einem der überlieferten Namen in Einklang setzen zu können. Die
sizilische Kunstgeschichte bietet sowohl in ihrer Gesamtheit wie ganz vornehmlich in
dem uns hier interessierenden Teile noch schwierige Probleme; und die Menge der
eingewanderten oder verzogenen Meister, über die nur ungenügendes Material vorliegt,
hindert noch besonders die Erkenntnis der Zusammenhänge.
Es kommt als weitere Schwierigkeit hinzu, daß die hier besonders in Frage
kommenden Archive von Messina sich in keinem besonders erfreulichen Zustande
befinden, und daß die Erhaltung der Gemälde eine durchgehends mangelhafte ist —
abgesehen davon, daß vieles, was wichtig wäre, nicht mehr aufzufinden ist, da es
— unbekannt, wann und wie — den Weg ins Ausland genommen hat. Nur ein syste-
matisches Vorgehen der lokalen Forschung verspricht uns unter diesen Umständen eine
größere Klärung, deren das gesamte hier behandelte Gebiet noch dringend bedarf.1)
Mit einem Blicke auf besondere Eigentümlichkeiten der sizilianischen Kunstge-
schichte, die durch unsere Untersuchung neue Beleuchtung erhielten, möge geschlossen
werden. Keine italienische Landschaft bietet so wenig wie diese das Bild einer inko-
härenten, von äußeren Einwirkungen abhängigen Entwicklung. Wie es bei Werken
des Trecento und Quattrocento hier oft schwierig fällt Einheimisches und Fremdes zu
sondern, so erhält die sizilische Malerei auch bis ins Seicento keinen völlig einheit-
lichen, abgeschlossenen Charakter. Daß nordische Künstler, so schnell sie sich der
sizilischen Umgebung assimilierten, doch eben so leicht gelehrige Schüler fanden, lehrte
schon das Beispiel Novellis; noch lehrreicher ist vielleicht das Beispiel des Catomeisters,
da das Vorbild sich hier keineswegs an Bedeutung mit einem Manne wie van Dyck
vergleicht, dessen Kunst wohl auch an anderen Orten und auf noch größere Künstler
Eindruck gemacht hätte.
Interessant ist übrigens, daß nicht nur ein direkter nordischer Einschlag in
Sizilien zu verzeichnen ist, sondern, daß einheimische Künstler in fast unerklärlicher
Weise Stoffgebiete kultivierten, die uns immer wie Domänen der nordischen Kunst
erscheinen, und zu denen die südliche Augensinnlichkeit sonst nicht besonders dispo-
niert ist. Ich spreche hier vor allem von der Stillebenmalerei, die z. B. von Scilla
eifrig gepflegt ward und von dem auffallend bevorzugten Helldunkelstile.
Es wäre jedoch irrtümlich diese gewisse Internationalität auf Konto des XVII. Jahr-
9 Es bedarf bei diesen vor Monaten geschriebenen Zeilen kaum eines Hinweises darauf,
daß nach der Erdbebenkatastrophe die Aussichten auf eine solche Klärung geringe geworden
sind. Der Professor an der Accademia Peloritana Virgilio Saccä, der sich im besonderen mit
den Meistern des Seicento in Messina beschäftigt hat, gehört zu der Zahl der seit dem Unglück?
Vermißten. Auch der verdienstvolle Messineser Lokalhistoriker Baron Arenapiena scheint der
Katastrophe zum Opfer gefallen zu sein. Ein Brief Enrico Mauceris in Siracusa übermittelt mir
diese schmerzlichen Nachrichten, die für die sizilische Wissenschaft und für die Erforschung der
sizilischen Kunstgeschichte schwere, auf lange unersetzliche Schläge bedeuten.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
lieh die „Anbetung der Könige" in Rouen, dort Farinato genannnt. In Farben und
Typen sind hier die Beziehungen zu dem Münchner Bild besonders eng. Leider bin
ich vorläufig nicht in der Lage eine Abbildung dieses interessanten Werkes zu bringen.
Einstweilen besteht wenig Aussicht den auf stilkritischem Wege gefundenen
Meister mit einem der überlieferten Namen in Einklang setzen zu können. Die
sizilische Kunstgeschichte bietet sowohl in ihrer Gesamtheit wie ganz vornehmlich in
dem uns hier interessierenden Teile noch schwierige Probleme; und die Menge der
eingewanderten oder verzogenen Meister, über die nur ungenügendes Material vorliegt,
hindert noch besonders die Erkenntnis der Zusammenhänge.
Es kommt als weitere Schwierigkeit hinzu, daß die hier besonders in Frage
kommenden Archive von Messina sich in keinem besonders erfreulichen Zustande
befinden, und daß die Erhaltung der Gemälde eine durchgehends mangelhafte ist —
abgesehen davon, daß vieles, was wichtig wäre, nicht mehr aufzufinden ist, da es
— unbekannt, wann und wie — den Weg ins Ausland genommen hat. Nur ein syste-
matisches Vorgehen der lokalen Forschung verspricht uns unter diesen Umständen eine
größere Klärung, deren das gesamte hier behandelte Gebiet noch dringend bedarf.1)
Mit einem Blicke auf besondere Eigentümlichkeiten der sizilianischen Kunstge-
schichte, die durch unsere Untersuchung neue Beleuchtung erhielten, möge geschlossen
werden. Keine italienische Landschaft bietet so wenig wie diese das Bild einer inko-
härenten, von äußeren Einwirkungen abhängigen Entwicklung. Wie es bei Werken
des Trecento und Quattrocento hier oft schwierig fällt Einheimisches und Fremdes zu
sondern, so erhält die sizilische Malerei auch bis ins Seicento keinen völlig einheit-
lichen, abgeschlossenen Charakter. Daß nordische Künstler, so schnell sie sich der
sizilischen Umgebung assimilierten, doch eben so leicht gelehrige Schüler fanden, lehrte
schon das Beispiel Novellis; noch lehrreicher ist vielleicht das Beispiel des Catomeisters,
da das Vorbild sich hier keineswegs an Bedeutung mit einem Manne wie van Dyck
vergleicht, dessen Kunst wohl auch an anderen Orten und auf noch größere Künstler
Eindruck gemacht hätte.
Interessant ist übrigens, daß nicht nur ein direkter nordischer Einschlag in
Sizilien zu verzeichnen ist, sondern, daß einheimische Künstler in fast unerklärlicher
Weise Stoffgebiete kultivierten, die uns immer wie Domänen der nordischen Kunst
erscheinen, und zu denen die südliche Augensinnlichkeit sonst nicht besonders dispo-
niert ist. Ich spreche hier vor allem von der Stillebenmalerei, die z. B. von Scilla
eifrig gepflegt ward und von dem auffallend bevorzugten Helldunkelstile.
Es wäre jedoch irrtümlich diese gewisse Internationalität auf Konto des XVII. Jahr-
9 Es bedarf bei diesen vor Monaten geschriebenen Zeilen kaum eines Hinweises darauf,
daß nach der Erdbebenkatastrophe die Aussichten auf eine solche Klärung geringe geworden
sind. Der Professor an der Accademia Peloritana Virgilio Saccä, der sich im besonderen mit
den Meistern des Seicento in Messina beschäftigt hat, gehört zu der Zahl der seit dem Unglück?
Vermißten. Auch der verdienstvolle Messineser Lokalhistoriker Baron Arenapiena scheint der
Katastrophe zum Opfer gefallen zu sein. Ein Brief Enrico Mauceris in Siracusa übermittelt mir
diese schmerzlichen Nachrichten, die für die sizilische Wissenschaft und für die Erforschung der
sizilischen Kunstgeschichte schwere, auf lange unersetzliche Schläge bedeuten.