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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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Monatshefte für Kunstwissenschaft


Abb. 2. MITSUNAGA. Aus dem „Leben des Bandainagon": Die Verhaftung
Kokka, Heft 176


sich aller Orten. Vor allem aber nahmen Literatur, Malerei, Plastik und Kunstgewerbe
einen glänzenden, für die Zukunft Japans ungeheuer bedeutungsvollen Aufschwung.
Die gesamte Kultur der Fujiwaraperiode zeigt eine deutlich nationale Riditung.
Man begann die indischen und chinesischen Gedanken nun mit Erfolg innerlich zu
verarbeiten oder abzustoßen. Man besann sich auf sich selbst. Ein Feudalzeitalter
brach an. Das bedeutet nichts anderes, als daß die alten japanischen Traditionen
der Familienherrschaft wieder gegen den von China geliehenen Einheitsgedanken
auflebten. Gleich in den Anfang dieser Epoche fiel die Aufhebung des Verkehrs
mit China, Sugawara no Michizane, der berühmte Minister und Gelehrte, riet im
Jahre 895 keine diplomatischen Gesandtschaften mehr nach China zu senden, ja jeden
Verkehr mit dem Festlande aufzugeben. In China hatten gerade die Wirren der
sinkenden Tangdynastie und der 5 Dynastien eingesetzt. In Japans goldenem Engizeit-
alter (901 —22) wurde die erste offizielle japanische Gedichtsammlung, das
Kokinshu, auf Befehl des Daigo Tenno herausgegeben. Die jaganischen Kata- und
Hiragana-Alphabete entstanden, während man bisher nur mit phonetisch gebrauchten
chinesischen Charakteren schrieb. Eng damit hängt das Aufkommen einer natio-
nal-japanischen Prosaliteratur zusammen. Wie die Frauen zuerst die Kanaal-
phabete gebrauchten — Onnaji, Frauenschrift werden sie genannt — so waren sie
auch die Schöpfer der japanischen Prosa, die jetzt im X. und XI. Jahrhundert eine nie
wieder erreichte Höhe erstieg. Um das Jahr 980 kam das Kagero Nikki heraus, um
1000 das Genjimonogatari der Frau Murasaki Shikibu und das Makura no Soshi der
Frau Sei Shonagon.
Auch der Buddhismus hörte damals auf, ein Fremdkörper innerhalb des japa-
nischen Geistesleben zu sein. Immer untrennbarer verschmolz er mit dem Shintoismus.
Japan begann sich seiner eigenen buddhistischen Heiligen zu rühmen. Selbständige
japanische Sekten erstanden. Gerade in die Zeit Mitsunagas fallen die Gründungen
einer ganzen Anzahl höchst einflußreicher Orden. Im Jahre 1124 stiftet Ryonin die
Yuzu-Nembutsushu, 1175 Honen Shonin die Jodoshu, 1224 Shinran die Shinshu, 1253
 
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