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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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Monatshefte für Kunstwissenschaft


Spalato (Abb. 13) erhalten sind, haben durch Weglassen der Säulen unmittelbar den
mittelalterlichen Bogenfries ergeben. Genau ebenso ist es eine Reihe von nebeneinander-
gesetzten durch ihre dreieckigen Giebel miteinander verbundenen Aediculen, die nach
Weglassen der Säulen das Motiv von Mschatta (Abb. 14) ergeben haben. Die beiden
bis jetzt bekannten hauptsächlichsten monumentalen Beispiele für diese Vorstufe der
Dekoration von Mschatta — die meisten anderen gehören der Sarkophagplastik an —
sind zeitlich und räumlich sehr weit voneinander getrennt: das Grabmal des Sampsi-
geramus zu Homs-Emera am Orontes aus dem Jahre 78 n. Chr. und die Vorhalle des
Klosters Lorsch im Rheintal
(Abb. 15)1), ein Bau Karls
des Großen. Beide Beispiele
zeigen eine Reihe von Aedi-
culen mit Dreiecksgiebeln in
gegen die klassischen redu-
zierten Formen. Beide haben
auch das miteinander und
mit Mschatta gemein, daß
die ganze Fläche, auf der
die Giebelreihe sitzt, mit
gleichmäßig verteiltem Orna-
ment überzogen ist, hier in
beiden Fällen mit einem
einfachen geometrischen
Muster mit unendlichem
Rapport, dort in Mschatta
mit reichen Pflanzen- und

Abb. 15. Tiermotiven in eigenartigen
persischen Formen.
Zu diesen drei aus der römischen Wandnische abgeleiteten Motiven muß als
viertes noch das Motiv der zur Wanddekoration verwandten Arkade gerechnet werden,
die ja nicht bloß die Vorstufe für die Entstehung des Bogenfrieses gewesen ist, sondern
als Zwerggallerie und als Blendarkade einen selbständigen Fortbestand in der mittel-
alterlichen Kunst gehabt hat; und als fünftes noch das Motiv der sogenannten ein-
geblendeten Ecksäule, das ebenfalls in der mittelalterlichen Architektur im Morgen- und
Abendland eine große Rolle spielt, denn auch dies hat sich aus der Conche entwickelt,
dadurch, daß die Ausklinkungen der Wand, in die die Conchensäulen bei der Anord-
nung nach Abb. 8 hineingestellt werden, möglichst gering bemessen, also schließlich
auf den Raum beschränkt werden, den die Säulen selbst einnehmen.
So muß für alle diese fünf Motive als erwiesen gelten, daß sie aus dem römi-
schen Wandnischen-Motiv sich entwickelt haben, daß diese Entwicklung ohne Einschlag-

9 Nach Essenwein, A., Die Ausgänge der klassischen Baukunst (Handb. d. Archit. Teil II.
Bd. 3, erste Hälfte, Darmstadt 1886).
 
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