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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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E. Schaeffer. Die Bildnisse des Piero Carnesecchi

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DOMENICO PULIGO: Bildnis des Pietro Carnesecchi
□ Florenz: Uffizien

von seinem Haupte. Der vierte Paul erlag der Bürde seiner vierundachtzig Jahre und
Cosimo I. erwirkte bei dem neuen Papste, dem vierten Pius, der ohnehin zur Milde gegen
Häretiker neigte und in dem Staatssekretär von einstens nur einen unvorsichtigen, aber
im Grunde harmlosen Gelehrten erkannte, für Piero die Erlaubnis, sich in Rom per-
sönlich rechtfertigen zu dürfen. Wie kaum anders zu erwarten, wurde er dieses Mal
ohne Makel befunden und in den
Vollgenuß seiner Pfründen wieder
eingesetzt. Vier Jahre später aber
fand nochmals ein Conclave statt,
und als Piero den Namen des zum
Pontifex Gewählten erfuhr, hat ihn
wohl ein Zittern befallen. Denn
Cardinal Michele Ghislieri, der nun
Pius V. hieß, hatte im Prozeß unter
Paul IV. den verdammenden Spruch
wider Pietro Carnesecchi gefällt
und mußte ob dessen Aufhebung
umso erzürnter gewesen sein, als
er für seine Person felsenfest an
die ketzerische Gesinnung des Flo-
rentiners glaubte. Er sollte diese
bald bewiesen haben: In Neapel
starb Pieros Freundin Giulia Gon-
zaga. Pius, der sofort ihre Papiere
sequestieren ließ, fand unter ihnen,
was er zu finden hoffte — eigen-
händige Briefe Carnesecchis, die
erzählten, wie er Calvinisten zur
Flucht vor der Inquisition verholfen
und die Fliehenden noch mit Geld
unterstützt habe. Piero war noch
zu Lebzeiten Giulias nach Florenz
zurückgekehrt, weil er sich vor dem
Hasse des Papstes nur im Schatten
des Medicäer-Thrones geborgen
wähnte. Ein totbringender Irrtum:
denn als Fra Tommaso Manriquez

in Florenz erschien und in aller Form des Rechtes von Cosimo I. die Auslieferung Pietro
Carnesecchis an das heilige Officium forderte, willfahrte ihm der Herzog. Cosimo unter-
handelte nämlich mit dem Papste wegen des Titels eines „Großherzogs von Toscana",
den ihm der heilige Vater als einem getreuen Sohn der Kirche verleihen sollte, und
da Pius wußte, wieviel dem Herzog an dieser Auszeichnung gelegen war, so mußte
ihn Fra Tommaso in diskreter Form auf die Möglichkeit eines Causal-Zusammen-
 
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