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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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STUDIEN UND FORSCHUNGEN

DAS PISA-RELIEF DES MUSEO
PIO-CLEMENTINO
Im Heft 1/2, Seite 43, des I. Jahrganges dieser
Zeitschrift hat Ernst Steinmann ein Relief des
Museo Pio-Clementino reproduziert und seinen
Inhalt auf Grund einer analogen Darstellung
Vasaris in der Sala di Cosimo im Palazzo Vecchio
zu Florenz richtig gedeutet, zugleich auch auf Grund
stilistischer Untersuchung den Künstler in der Per-
son des Bartolommeo Ammanati bestimmen zu
können geglaubt. Es ist Steinmann dabei ent-
gangen, daß Vasari eine Beschreibung des Re-
liefs selber gibt und auch den Namen des Künst-
lers nennt. Er schreibt im Leben des Pierino
da Vinci: „Er begann darauf eine Szene in
Marmor, von einer Elle Höhe und 1% Ellen
Länge, in halbem und flachem Relief; der Gegen-
stand ist die Stadt Pisa, welche von dem Her-
zoge wiederhergestellt ist. Auf dem Werke ist
dieser selber bei der Wiederherstellung der Stadt
anwesend und beschleunigt sie durch seineGegen-
wart. Rings um den Herzog sind seine Tugen-
den abgebildet, und sonderlich eine Minerva,
welche die Universität und die von ihm in der
Stadt Pisa wieder aufeiweckten Künste ver-
körpert; und sie ist rings umgeben von vielen
Übeln und den von Natur vorhandenen Mängel
der Gegend, die als Feinde sie von allen Seiten
belagern und heimsuchen. Von allen diesen ist

dann die Stadt durch die genannten Tugenden
des Herzogs befreit worden. Alle die Tugenden
rings um den Herzog und alle die Übel rings
um Pisa waren in sehr schöner Manier und in
sehr schönen Bewegungen von Vinci in seinem
Relief dargestellt; aber er ließ es unvollendet,
zum großen Bedauern des Beschauers wegen
der Vollkommenheit der fertigen Teile."
Die Identität des von Vasari beschriebenen
Stückes mit dem Relief des Museo Pio-Clemen-
tino wird nicht bezweifelt werden können; die
Maßangaben in Ellen, wie immer von Vasari
als ungefähre Größenbezeichnung gegeben, ent-
sprechen ziemlich der wirklichen Größe von 73
zu 106 cm. Stilistisch hängt das Pisa-Relief
durchaus mit dem Ugolino-Relief zusammen,
wobei man aber nicht an das aus abgenutzter
Form gewonnenen Stucco des Museo Nazionale
zu Florenz mit seinen verschwommenen Formen,
sondern an das Bronzeoriginal zu denken hat.
Nach Vasari hat Pierino das Relief nicht voll-
endet; heute präsentiert es sich als fertige Arbeit,
es ist aber nicht schwer die scharfkantige und
eckige Formgebung des spälren Fertigstellers
zu erkennen. — Das von Steinmann auf dem
Relief erkannte Porträt Ammanatis dürfte, da
seine diese Feststellung begründende Autor-
bestimmung nicht zutrifft, nicht als solches an-
gesehen werden können.
Adolf Gottschewski.

REDAKTIONEN DER MONATSHEFTE FÜR KUNSTWISSENSCHAFT
Herausgeber: Dr. GEORG BIERMANN, Leipzig, Liebigstraße 2.
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