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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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M. v. Rauch. Meister Hans Seyfer, Bildhauer und Bildschnitzer in Heibronn 505
Daß Hans Seyfer im Jahr 1502 Bürger in Heilbronn wurde, schließt natürlich
nicht aus, daß er sich schon früher dort aufhielt; aber ein geborener Heilbronner war
er schwerlich. Zwar kommen ähnliche Namen wie Seyfer in Heilbronn vor (so 1474
ein Zimmermann Hans Scheipfer und 1490 ein Hans Syfer 9), aber der Eintrag über
Meister Hansens Bürgerannahme im Betbuch macht es wahrscheinlich, daß er ein
Fremder war, und seine noch zu erwähnenden Brüder hätten, wenn sie Heilbronner
gewesen wären, keine Sitzbewilligung nötig gehabt.
Die früheste Steinskulptur, die wir von Meister Hans kennen, ist die Stuttgarter
Kreuzigungsgruppe 2) von 1501, als deren Schöpfer „der kunstreiche Meister des Speyerer
Ölbergs" genannt wird; Johann Jakob Gabelkofer schreibt nämlich in seiner Chronik
von Stuttgart ").
„Anno 1503 starb der ehrenfest und fürnehme Jakob Walter gen. Küehorn
von Fewerfeld d. älter; anno 1525 starb die ehrsame fraw Clara Magerin, Jakob
Kuhehorns hausfrau. Die haben gestiftet des künstliche cruzifix uff den kürchhof zu
St. Leonhard außerhalb des chors stehend; ist alles von steinwerk und ist das kreuz
so artlich und meisterlich gehawen, daß noch vihl von guetem gesicht und verstand
nicht alsobald eigentlich wissen und urteilen mögen, ob der stamm von stein oder
holzwerkh seie. Welcher stamm uff einem stein im darzu elaborierten berg stehet,
darauf 2 weibsbilder in lebensgrößen knieen und den salvatorem am kreuz hangend
anbetten. Am börg herumb sind ebenmäßig in stein gehauen allerhand kräuter wie
auch insekten von schlangen, egeßen 4), item todenköpff und beiner. Der kunstrich meister,
so den ölberg zue Speyer im thuem 5) gemacht, hat diß werck auch geförtigt und
zwar laut eingehauener Jahreszahl 1501."
Eigentümlich ist es, daß sowohl Maria als Johannes als Magdalena Kleidungs-
stücke von sich gefaßt halten; bei der am Kreuz knieenden Magdalena ist dies
etwas manieriert.
Im XIX. Jahrhundert hat wohl zuerst J. D. G. Memminger in seinem Werk über
Stuttgart und Ludwigsburg 6) auf die Stuttgarter Kreuzigungsgruppe hingewiesen, „die
von vielen bewundert werde"; bald darauf erschien in einem englischen Werk eine
Beschreibung der Kreuzigungsgruppe mit Abbildung7). In neuester Zeit sind die
Figuren der Gruppe nach der Stuttgarter Hospitalkirche verbracht worden, wo die
Mittelgruppe, Christus mit Magdalena, jetzt unter dem Chorbogen aufgestellt ist,
während die Figuren von Maria und Johannes, bei deren Ausführung man eine geringere

9 Dieser hatte damals eine Streitigkeit mit dem Pfleger des Kaisersheimer Hofs in Heilbronn.

2) Abbildung in den Kunst- und Altertumsdenkmalen Württembergs, Atlas des Neckar-
kreises; Beschreibung u. a. bei Wilhelm Bode, Geschichte der deutschen Plastik, S. 184.

3) Mitgeteilt von A. Klemm in der Besond. Beilage des Staatsanzeigers für Württem-
berg 1875, S. 88.

4) Eidechsen. — Audi zwei Schnecken sind zu sehen, wie auf verschiedenen später zu
erwähnenden Werken des Meisters.

5) Dom.

6) J. G. D. Memminger, Stuttgart und Ludwigsburg mit ihren Umgebungen (1817), S. 292,

7) Dibdins biographical, antiquarian and pitturesque tour III (1821), S. 118 ff. mit einem
Stich der Gruppe von B. Mitau nach einer Zeichnung von G. Lewis.
 
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