Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

Zitierlink:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/monatshefte_kunstwissenschaft1909/0542

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
534

Monatshefte für Kunstwissenschaft

Fürsten zu wetteifern. In Marokko schoß plötzlich eine ganze Reihe neuer, blühender
Orte aus dem Boden empor; Granada erhielt in der Unterstadt einen glänzenden
Regierungspalast, dessen kostbares Material und kunstvolle Gartenanlagen Weltruhm
erlangten, und den Lustsitz Qa^r S'aid mit einem künstlichen See für Naumachien und
Regatten; Sevilla hob sich zu neuer Bedeutung und bekam außer zahlreichen mili-
tärischen und religiösen Gebäuden seinen „Alcazar", den im Jahre 1200 der Bau-
meister Djalübi für König Muhammed en-Nagr vollendete und den später Peter der
Grausame so gründlich umbaute, daß er eigentlich nur noch für den christlich-maurischen
Mudejarstil in Betracht kommt. Der große Patio mit dem anstoßenden Gesandtensaal
einerseits und die Zimmer um den kleineren Puppenhof andererseits bezeichnen aber
noch ungefähr die Scheidung in einen offiziellen und einen privaten Teil. Der Mesuar
hat hier eine reich dekorierte Innenfassade mit dem frühesten Beispiel eines holz-
geschnitzten Vordaches, das seitdem typisch wird bei andalusischen und marok-
kanischen Bauten.
Die größte Palastanlage jener Zeit war die von Merräkes, im wesentlichen das
Werk des Sultans Yaqüb el-Manqür und 1196 vollendet1), später aber großenteils
zerstört und erneuert. Sie wurde bis in die neueste Zeit von vielen europäischen
Gesandtschaften und einzelnen Reisenden besucht, aber niemals von architektonischen
Gesichtspunkten aus beschrieben, so daß wir als den zuverlässigsten Bericht noch
immer den eines intelligenten arabischen Schriftstellers aus dem XVI. Jahrhundert, des
sog. Leo Africanus, benützen müssen. Er erwähnt die dicken Mauern der Burg aus
porösem Kalkstein und die Anordnung der Komplexe, die in ihrer Gesamtheit eine
Stadt für sich, mit eigener Moschee und Medersa, bildeten. An den Kasernen der
Armbrust- und Bogenschützen, dem Arsenal und den Stallungen vorüber erreichte man
einen prächtig ausgestatteten kleinen Palast, der offenbar für hohe Gäste bestimmt war,
dann die Hauptwache und den großen Mesuar für allgemeine Audienzen. An diesen
schloß sich der Regierungsbau mit dem Ratssaal für die Empfänge der fremden Ge-
sandten und der Harim des Sultans, auf den noch ein besonderes Wohnhaus für die
erwachsenen Prinzen folgte. Der übrige Raum bis zur Umfassungsmauer wurde von
einem Park ausgefüllt, der eine große Fontäne mit reichem plastischen Schmuck und
eine zoologische Sammlung aufwies. Del Puerto , unterscheidet später ältere und
neuere Bauten, nennt den amtlichen Teil als den größten, mit einem Teich von vierzig
Ellen Länge und zehn Ellen Breite, und bemerkt in jedem Patio einen Brunnen.
Fes, dessen Architektur und Kunstgewerbe schon zu Edrisi's Zeit sehr hoch
stand "), gelangte im XIII. Jahrhundert unter den Meriniden zu großer Entfaltung, zu-
mal nach der Gründung der Königsstadt Fäs Djedid (1276). Von dem außerhalb der
Mauern gelegenen Qacr Beni Merin, mit Moschee und Gräbern der Fürsten, sind noch
einige Trümmer stehen geblieben4). Über den Residenzpalast selbst, der wesentlich unter

9 Vgl. den „Rüdh el-Qarthäs" von 1326. (v. Dombay, Gesch. d. mauritan. Könige.
Agram 1794—97. I, S.218f.)

2) Misiön historial de Marruecos. Sevilla 1708.

3) Edrisi, Descript. de l'Afrique etc. Edn. Dozy et de Goeje. Leyde 1866. p. 86.

4) Gaillard, Fes: une ville de l'lslam. Paris 1905.
 
Annotationen