ladendem Querhaus und daranschließenden halb-
runden Apsiden abgelöst, für die wohl das Vor-
bild der römischen Basiliken maßgebend war und
in deren Eindringen man eine Wirkung der sog.
karolingischen Renaissance wird erblicken dürfen.
Die frühesten Vertreter des neuen Typus sind
Ingelheim, Steinbach, St. Alban und Seligenstadt."
Auch über Aufrißeigentümlichkeiten der früh-
karolin gischen Basilika hat Weise neue wertvolle
Forschungsergebnisse. Bei der Kirche auf dem
Petersberg bei Fulda (IX) bleibt die Frage un-
entschieden, ob einschiffig oder dreischiffig. Ich
möchte annehmen, daß hier die Saalform über-
haupt erst dem Barock entstammt, der weiteren
Atem verlangte. Für die anzunehmende Arkaden-
reihe scheint auch die Innenteilung des Turmes
zu sprechen, die in der gleichen Linie fluchtet
wie die Stücke vorspringenden Mauerwerks an
der Westseite beider Triumphbogenpfeiler, auf die
Weise aufmerksam macht, wo ausgebrochene
Langhausarkadenvorgebauchtverputzt sein müssen.
Der Westturm, vor der Weihe 836 dem noch älte-
ren Langhaus angefügt, bildet den Ausgangspunkt,
einen karolingischen Westbautypus der mittel-
rheinischen Gegenden (X) zu verfolgen. Der
Westfront angelehnt ein zweigeschossiger Vorbau
ungefähr in Breite des Mittelschiffs, der zu ebener
Erde die Vorhalle, im oberen Stockwerk eine ge-
schlossene Kapelle enthält und mitunter den Ober-
bau als Glockenturm ausbildet. Mit der Fest-
stellung dieses Vorbaus ist auch die Frage nach
dem bei Einhart erwähnten Turm in Seligenstadt
gelöst, der bisher isoliert angenommen wurde. Ob
hier nicht das dem Langhaus in gleicher Breite
vorgelagerte Atrium erst späterer Zeit entstammte?
Die besonderen Zugänge vom Atrium aus in die
Nebenschiffe (S. 110) stehen jedenfalls zu den
duo ostia — occidentale videlicet atque australe
(S. 106 Anm.) in Widerspruch.
Aus der Stiftskirche zum H. Kreuz in Hildes-
heim (IV) sucht Weise einen Bau des 9. Jahrh.
mit Emporenanlage und vielleicht zweitürmiger
Westfassade herauszuschälen und möchte sie als
die älteste Domkirche ansprechen. Hier wider-
spricht sich der Verfasser, der aus dem baulichen
Befund feststellte, daß allenfalls eine zweitürmige
Westfassade „allerdings natürlich noch in zag-
hafter Ausbildung mit nur wenig die Mitte über-
ragenden Türmen" in Betracht käme. Dies gilt
ihm nachher gleich altissimis turribus. Baubefund
und Berichte klaffen auseinander, Weise hilft mit
kühnen Hypothesen, die nicht ohne Wahrschein-
lichkeit sind, aber doch nicht unmittelbar über-
zeugen. Die übrigen Aufsätze behandeln spätere
Bauten, wobei dem Ergebnis und der Durchführung
nach die Untersuchung über die Vorkirche von
St. Philibert zu Tournus an erster Stelle steht.
Kurt Gerstenberg (im Felde).
FELIX DETTLOFF, Der Entwurf
von 1488 zum Sebaldusgrab. Ein
Beitrag zur Geschichte der gotischen
Kleinarchitektur und Plastik — insbeson-
dere auch zur Vischer-Frage. Posen 1915.
Das vorliegende Buch ist als Wiener Doktor-
arbeit entstanden, und von einem Manne geschrie-
ben, der sich trotz seinem guten deutschen Namen
in der Vorrede ausdrücklich als Polen bezeichnet!
Der Verf. geht mit großer Gründlichkeit an sein
Thema und hat es daher fertig gebracht, ein
daumendickes Buch mit 83 Abbildungen auf 49 Ta-
feln über sein eng begrenztes Thema zu schreiben.
Er beginnt mit einer sehr breiten Literaturüber-
sicht, in der er über die verschiedenen Zuschrei-
bungen des bekannten Wiener Entwurfs zum Se-
baldusgrab seit 1843 berichtet. Dieses Kapitel,
welches doch nur die Vorarbeiten des Verfassers
spiegelt, hätte wesentlich enger zusammengezogen
werden dürfen, denn für den heutigen Leser ist
es belanglos, wem man den Entwurf von 1488
zuschrieb zu einer Zeit, als die kunstgeschicht-
liche Forschung noch in den Windeln lag. Die
Zuweisung an Vischer geht 1840 von A. W. Döbner
aus; ihr sind später v. Rettberg, Schuchardt, Weiz-
säcker, Seeger und Daun beigetreten.
Mit diesem Kapitel steht im engsten Zusammen-
hang das sechste über die Signatur des Entwurfs.
Weizsäcker meinte, das Zeichen wäre das des
alten Hermann Vischer, welches der Sohn später
als Meister umgekehrt habe. D. weist diese Hypo-
these zurück, da wir vom alten Herm. Vischer
nur das Wittenberger Taufbecken kennen, welches
seinen vollen Namen trägt. Er meint, es sei Peter
Vischers eigenes Zeichen gewesen, das er mit
vollem Recht anwenden durfte, obwohl er noch
nicht Meister war, denn die Mal- wie die Zeichen-
kunst, welcher dieser Entwurf zuzurechnen ist,
war in Nürnberg eine freie, d. h. nicht den Zunft-
gesetzen unterworfene Kunst, die ihm den Ge
brauch eines beliebigen Zeichens erlaubte. Aber
auch mit diesem sehr richtigen Einwurfe kommt
man nicht über die merkwürdige Tatsache hin-
weg, daß dieses älteste Vischerzeichen auf dem
Kopf steht; und das tut es, wie man deutlich
daran erkennt, daß das christliche Kreuz mit dem
Querbalken nach unten gerichtet ist. Die übrigen
Formen des Zeichens erklären sich meiner Mei-
nung nach daraus, daß mit diesem Kreuz ein V
330
runden Apsiden abgelöst, für die wohl das Vor-
bild der römischen Basiliken maßgebend war und
in deren Eindringen man eine Wirkung der sog.
karolingischen Renaissance wird erblicken dürfen.
Die frühesten Vertreter des neuen Typus sind
Ingelheim, Steinbach, St. Alban und Seligenstadt."
Auch über Aufrißeigentümlichkeiten der früh-
karolin gischen Basilika hat Weise neue wertvolle
Forschungsergebnisse. Bei der Kirche auf dem
Petersberg bei Fulda (IX) bleibt die Frage un-
entschieden, ob einschiffig oder dreischiffig. Ich
möchte annehmen, daß hier die Saalform über-
haupt erst dem Barock entstammt, der weiteren
Atem verlangte. Für die anzunehmende Arkaden-
reihe scheint auch die Innenteilung des Turmes
zu sprechen, die in der gleichen Linie fluchtet
wie die Stücke vorspringenden Mauerwerks an
der Westseite beider Triumphbogenpfeiler, auf die
Weise aufmerksam macht, wo ausgebrochene
Langhausarkadenvorgebauchtverputzt sein müssen.
Der Westturm, vor der Weihe 836 dem noch älte-
ren Langhaus angefügt, bildet den Ausgangspunkt,
einen karolingischen Westbautypus der mittel-
rheinischen Gegenden (X) zu verfolgen. Der
Westfront angelehnt ein zweigeschossiger Vorbau
ungefähr in Breite des Mittelschiffs, der zu ebener
Erde die Vorhalle, im oberen Stockwerk eine ge-
schlossene Kapelle enthält und mitunter den Ober-
bau als Glockenturm ausbildet. Mit der Fest-
stellung dieses Vorbaus ist auch die Frage nach
dem bei Einhart erwähnten Turm in Seligenstadt
gelöst, der bisher isoliert angenommen wurde. Ob
hier nicht das dem Langhaus in gleicher Breite
vorgelagerte Atrium erst späterer Zeit entstammte?
Die besonderen Zugänge vom Atrium aus in die
Nebenschiffe (S. 110) stehen jedenfalls zu den
duo ostia — occidentale videlicet atque australe
(S. 106 Anm.) in Widerspruch.
Aus der Stiftskirche zum H. Kreuz in Hildes-
heim (IV) sucht Weise einen Bau des 9. Jahrh.
mit Emporenanlage und vielleicht zweitürmiger
Westfassade herauszuschälen und möchte sie als
die älteste Domkirche ansprechen. Hier wider-
spricht sich der Verfasser, der aus dem baulichen
Befund feststellte, daß allenfalls eine zweitürmige
Westfassade „allerdings natürlich noch in zag-
hafter Ausbildung mit nur wenig die Mitte über-
ragenden Türmen" in Betracht käme. Dies gilt
ihm nachher gleich altissimis turribus. Baubefund
und Berichte klaffen auseinander, Weise hilft mit
kühnen Hypothesen, die nicht ohne Wahrschein-
lichkeit sind, aber doch nicht unmittelbar über-
zeugen. Die übrigen Aufsätze behandeln spätere
Bauten, wobei dem Ergebnis und der Durchführung
nach die Untersuchung über die Vorkirche von
St. Philibert zu Tournus an erster Stelle steht.
Kurt Gerstenberg (im Felde).
FELIX DETTLOFF, Der Entwurf
von 1488 zum Sebaldusgrab. Ein
Beitrag zur Geschichte der gotischen
Kleinarchitektur und Plastik — insbeson-
dere auch zur Vischer-Frage. Posen 1915.
Das vorliegende Buch ist als Wiener Doktor-
arbeit entstanden, und von einem Manne geschrie-
ben, der sich trotz seinem guten deutschen Namen
in der Vorrede ausdrücklich als Polen bezeichnet!
Der Verf. geht mit großer Gründlichkeit an sein
Thema und hat es daher fertig gebracht, ein
daumendickes Buch mit 83 Abbildungen auf 49 Ta-
feln über sein eng begrenztes Thema zu schreiben.
Er beginnt mit einer sehr breiten Literaturüber-
sicht, in der er über die verschiedenen Zuschrei-
bungen des bekannten Wiener Entwurfs zum Se-
baldusgrab seit 1843 berichtet. Dieses Kapitel,
welches doch nur die Vorarbeiten des Verfassers
spiegelt, hätte wesentlich enger zusammengezogen
werden dürfen, denn für den heutigen Leser ist
es belanglos, wem man den Entwurf von 1488
zuschrieb zu einer Zeit, als die kunstgeschicht-
liche Forschung noch in den Windeln lag. Die
Zuweisung an Vischer geht 1840 von A. W. Döbner
aus; ihr sind später v. Rettberg, Schuchardt, Weiz-
säcker, Seeger und Daun beigetreten.
Mit diesem Kapitel steht im engsten Zusammen-
hang das sechste über die Signatur des Entwurfs.
Weizsäcker meinte, das Zeichen wäre das des
alten Hermann Vischer, welches der Sohn später
als Meister umgekehrt habe. D. weist diese Hypo-
these zurück, da wir vom alten Herm. Vischer
nur das Wittenberger Taufbecken kennen, welches
seinen vollen Namen trägt. Er meint, es sei Peter
Vischers eigenes Zeichen gewesen, das er mit
vollem Recht anwenden durfte, obwohl er noch
nicht Meister war, denn die Mal- wie die Zeichen-
kunst, welcher dieser Entwurf zuzurechnen ist,
war in Nürnberg eine freie, d. h. nicht den Zunft-
gesetzen unterworfene Kunst, die ihm den Ge
brauch eines beliebigen Zeichens erlaubte. Aber
auch mit diesem sehr richtigen Einwurfe kommt
man nicht über die merkwürdige Tatsache hin-
weg, daß dieses älteste Vischerzeichen auf dem
Kopf steht; und das tut es, wie man deutlich
daran erkennt, daß das christliche Kreuz mit dem
Querbalken nach unten gerichtet ist. Die übrigen
Formen des Zeichens erklären sich meiner Mei-
nung nach daraus, daß mit diesem Kreuz ein V
330