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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0342

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Vorbild abgegeben haben für die kleinen Apostel
in der ornamentalen Seitenarchitektur der Grab-
platten des Uriel und Lukas von Gorka (die Namen
der beiden Bischöfe sind bei D. übrigens ver-
wechselt worden). War es auch schon vorher
durchaus wahrscheinlich, daß die beiden Gorka-
platten von Vischer stammten, so haben wir durch
Dettloffs Entdeckung den unmittelbaren Beweis,
denn es ist nicht anzunehmen, daß einem anderen
die Möglichkeit gegeben war, Figuren aus dem
nie ausgeführten Entwürfe zu kopieren. Außer-
dem kann D. wieder auf die Studien von Ptasnik
Bezug nehmen (die uns Deutschen wegen ihrer
Sprache entzogen sind), wonach der Bischof Uriel
lebhafte künstlerische Verbindungen mit Nürnberg
seit 1486 aufrecht erhielt (D. 63, 4). — Wenn der
Verf. aber in breiten Ausführungen es wahrschein-
lich zu machen sucht, daß P. Vischer auf der
Wanderschaft in den Niederlanden gewesen sei,
so vermag ich ihm hierin nicht zu folgen. R. A.
Peltzer sprach in seiner wenig gekannten Ge-
schichte der Messing-Industrie (Aachen 1909, S. 139)
eine ähnliche Vermutung auf Grund der Ortho-
graphie des Namens Vischer mit V aus; das war
im höchsten Maße anfechtbar, da die Schreibweise
dauernd wechselt und gerade die ältesten Inschrif-
ten ein F aufweisen. Dettloff läßt sich meines
Erachtens zu stark durch das niederländische
Schema der Komposition auf den Gorka - Platten
leiten. Ein anderer junger Forscher war in dieser
Beziehung zurückhaltender, nämlich Johannes
Cramer, der in diesem Kriege sein Leben fürs
Vaterland geopfert hat; die Doktorarbeit C.s scheint
Dettloff unbekannt geblieben zu sein. Die For-
schungen beider ergänzen sich hier. Beide lehnen
die gleichfalls in Posen befindliche Platte des
Bischofs Andreas von Bnin Opalinski als un-
vischerisch ab und weisen auf die ältere Alten-
berger Platte hin. D, geht noch einen Schritt
weiter zurück und nimmt als Ausgangspunkt die
rein holländische Platte der Bischöfe von Bülow
im Schweriner Dom. Wir gewinnen damit fol-
gende Entwicklungsreihe: Bülow-Schwerin, gest.
1314, bzw. 1375), Wicbold-Altenberg (gest. 1398),
Andreas-Posen (gest. 1479), Lukas v. Gorka-Posen
(gest. 1475) und Uriel v. Gorka-Posen (1498). Die
Abbildungen bei D. lassen leicht erkennen, wie
das holländische Schema von mal zu mal mehr
verblaßt. Vischer schließt sich mit seinen beiden
Gorkaplatten an die des Bischofs Andreas an; alle
drei befinden sich in Posen; Andreas seinerseits
ist ohne das Vorbild des Wicbold von Kulm in
Altenberg bei Köln nicht denkbar. D. betont nun
mit Recht, daß beide vielleicht derselben Werk-

statt entstammen, denn seit der Gründung der
ersten Zisterzienser-Klöster in Polen, die Mönchen
von Altenberg übertragen wurde, herrschten
zwischen den Tochterklöstern in Polen und dem
rheinischen Mutterkloster die engsten Beziehungen
(D- 57).
Das sind nach meiner Meinung die wesent-
lichen Resultate dieses fleißigen und inhaltreichen
Buches. Der gesunde kritische Blick des Verfs.
bewährt sich auch darin, daß er zum Schluß
scharf gegen allerlei Zuschreibungen zu Felde
zieht. So wendet er sich mit vollem Recht gegen
Alexander Mayer, der im vierten Vierteljahrsheft
des Münchener Jahrbuchs der bildenden Kunst 1913
dem alten Hermann eine größere Reihe unsignier-
ter Grabplatten zugesprochen hat. Denn da wir
von Hermann nur das eine Wittenberger Tauf-
becken kennen, so ist es methodisch vollkommen
unerlaubt, ihm andere Werke grundverschiedener
Art zuzuschreiben. Dieser Irrtum entsteht immer
wieder dadurch, daß einzelne Forscher sich ver-
anlaßt fühlten, vor das Jugendwerk Peter Vischers
andere Werke zu setzen, mit denen man die Arbeit
Peter Vischers an die Vergangenheit anknüpfen
könnte. Solche Mittelswerke gab man dann ganz
unerlaubterweise seinem Vater Hermann. Auch
darin hat D. ohne Frage recht, wenn er den
weiteren Mayerschen Versuch ablehnt, im Ent-
wurf von 1488 durchaus zwei Hände unterscheiden
zu wollen. Mayer begeht hier denselben Irrtum
wie bei seiner Behandlung des Römhilder Grab-
mals im Repertorium XXVII, 95 ff. D. lehnt ferner
die Weißenbach-Platte im Meißner Dom ab und
befindet sich hier in Übereinstimmung mit der
Cramerschen Dissertation (vergl. Simon in den
Monatsheften für Kunstwissenschaft, IX, S. 184);
Joel hatte sie ihm in derselben Zeitschrift 1914,
S. 395, mit völlig unzureichender Begründung zu-
gesprochen. Dagegen dürfte D. sich hinsichtlich
der sehr schönen Platte der Herzogin Sophie in
Wismar im Irrtum befinden, wie ich in einem der
nächsten Hefte dieser Zeitschrift nachzuweisen
hoffe.
Dettloff hat seine erste Arbeit in ungemein
reicher Weise mit Tafeln ausgestattet, wenngleich
hier manches untergelaufen ist, was meiner An-
sicht nach völlig entbehrlich wäre. Dagegen wird
es ihm allseitig gedankt werden, daß er zum ersten
Male eine photographische Wiedergabe des Ent-
wurfs von 1488 bietet, und zwar in 85 cm Höhe,
d. h. in halber Originalgröße; dazu treten eine
Reihe vergrößerter Detailaufnahmen. In Summa
ist aufrichtig zu wünschen, daß der Verf. Peter
Vischer oder wenigstens dem deutschen Erzguß

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