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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Achtes/Neuntes Heft (August/September 1906)
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Gensel, Otto Walther: [Rezension von: G. H. Marius, Die holländische Malerei im neunzehnten Jahrhundert]
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Schultze, Victor: [Rezension von: Josef Strzygowski, Die Miniaturen des serbischen Psalters der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0161
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Aug./Sept.-Heft. Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

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fasserin freilich zu überschwänglich. Sie scheint
Mesdag im G-runde recht zu geben, der die Modernen
über die Alten — Rembrandt ausgenommen —
setzt. Indes, auch wenn man Vergleiche mit der
modernen Malerei des übrigen Europas zieht, ist
ihr Lob oft zu stark. Aber den internationalen
Massstab verliert man ja nur zu leicht, wenn man
sich auf ein Land beschränkt, zumal wenn es das
eigene ist. Jedenfalls müssen wir diese geschriebene,
mit guten und zahlreichen Abbildungen ausgestattete
holländische „Retrospektive“, die uns wichtige Bau-
steine zur G-esamtgeschichte der modernen Kunst
in so angenehmer Form bietet, dankbar annehmen,
Einzelne sprachliche Härten und sonstige kleine
Unrichtigkeiten sind wohl auf Rechnung des
Uebersetzers zu stellen, der sich im übrigen seiner
Aufgabe mit Greschick entledigt hat.
Walther G-ensel
Serbische Kunst.
Josef Strzygowski. Die Miniaturen des
serbischen Psalters der Kgl. Hof- und Staats-
bibliothek in München. Nach einer Belgrader
Kopie ergänzt und im Zusammenhänge mit
der syrischen Bilderredaktion des Psalters
untersucht. Mit einer Einleitung von dem
wirklichen Mitgliede V. Jagic. Mit 1 Tafel
in Farben, 61 in Lichtdruck und 43 Ab-
bildungen im Texte (LXXXVU und 139 S.)
[Denkschriften der Kaiser!. Akademie der
Wissenschaften in Wien. Philosophisch-
historische Klasse. Bd. LII], Wien 1906.
In K ommission bei Alfred Holder. Mk. 42,—.
Durch Syrku wurde 1898 die Aufmerksamkeit
auf einen in der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek
in München befindlichen illustrierten serbischen
Psalter gelenkt, und dann jüngst eine Kopie des-
selben in Belgrad nachgewiesen. Jagic, der die
Handschrift einer genauen Prüfung unterzog, gab
die Anregung, dass die Wiener Akademie der
Wissenschaften eine Veröffentlichung der Minia-
turen beschloss und damit Josef Strzygowski be-
traute. In musterhafter Form liegt diese Publi-
kation nun vor. Jagic leitet sie mit gründlichen
philologischen und literargeschichtlichen Unter-
suchungen ein. Darin wird die Entstehung von M
spätestens auf Anfang bis Mitte des 15. Jahrh.,
von B in die erste Hälfte des 17. Jahrh. gesetzt.
M enthält jetzt noch 154 Miniaturen (nur wenige
fehlen), die auf 60 Tafeln wiedergegeben sind. In den
Text selbst sind in grösserer Anzahl Abbildungen
aus B aufgenommen. So ist das Material in einer
Weise dargeboten, die nichts zu wünschen übrig lässt.

Strzygowski beschreibt sorgfältig die durch
Ueberschriften und Unterschriften verdeutlichten
Illustrationen. G-leich das erste Bild mit der Ueber-
schrift: „Das ist der Kelch des Todes“ erregt
Interesse. Allerdings liegt die Vorstellung ganz
in der Bildersprache der Bibel (vgl. Jesaia 51,17;
Apok. 16,19), und es ist höchst verwunderlich, dass
Heinrich Schenkl auf die Sokrateslegende geraten
konnte, dagegen tritt in der Kunst für unsere
gegenwärtige Kenntnis die Darstellung ganz neu
auf. Einer grossem Beachtung wert, als der Her-
ausgeber ihm zu Teil werden lässt, ist das Bild
Taf V., wo die sonst weiblich personifizierte In-
spiration (denn nur um diese handelt es sich) durch
einen Engel ersetzt ist, offenbar in Anlehnung an
die alttestamentlichen und neutestamentlichen Vor-
stellungen von den Engeln als Offenbarungsträgern
G-ottes. Hier ist noch eine kunstarchäologische
Aufgabe zu lösen. Aber auch theologische Vor-
bereitungsarbeit. Die Notwendigkeit eines gründ-
lichen Studiums der zahlreichen Psalterkommentare
älterer Zeit ist die unumgängliche Vorbedingung
jeder auf wirklichen Erfolg rechnenden kunstge-
schichtlichen Beschäftigung mit diesen Illustratio-
nen. Diese Weisheit ist so selbstverständlich, dass
man sich wundern darf, dass man sie gar nicht
oder nur ungenügend angewandt hat. Man lässt
jetzt in starkem Masse die syrische Kunst hervor-
treten — aber wer hat sich mit der nationalen
Literatur der Syrer bekannt gemacht, um hier
sichere Wege zu finden?
Die auf die Beschreibung der Tafeln folgende
„Kunstwissenschaftliche Untersuchung“ fesselt wie
alles, was Strzygowski in weitem Ausblick schreibt.
Das Ziel wird gleich eingangs mit den Worten
ausgesprochen: „Meine Arbeit stellt sich dar als
ein Einspruch gegen die Annahme, dass alles, was
die Südslawen — und die Serben in erster Linie
— an griechischen Kulturelementen in sich auf-
genommen haben, allein und ausschliesslich von
Byzanz gekommen sein müsste. Es hat noch in
der Spätzeit Wege gegeben — sie werden durch
die Klöster bezeichnet —, auf denen die altchrist-
liche Kultur und Kunst des Orients unmittelbar,
ohne Berührung von Byzanz, zu den Südslaven
vordringen konnte“. In diesem Zusammenhänge
sei der vorliegende Psalter aufzufassen; in ihm
stecke „deutlich erkennbar“ kein byzantinisches,
sondern ein „hellenistisch - orientalisches bezw.
syrisches Vorbild“. Dementsprechend werden zu-
nächst die hellenistischen, dann die syrischen
Merkmale aufgesucht. Was letztere anbetrifft, die
für die G-esamtbeurteilung den Ausschlag geben,
so muss ich bekennen, dass der Boden, auf welchem
sich die Beweisführung bewegt, ein ganz unsicherer
 
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