35
ganz klar »das Unbewußte« zurück, und äußert sich in der Kunst, insofern es
das Gleichgewicht derart herstellt, daß jede Frage ausgeschlossen bleibt. Der
Tragik Herrschaft ist beendet. Die alte Malerei war eine Malerei »der Seele«,
also des Tragischen; die neue Malerei ist eine Malerei »des Geistes«, also frei
von der tragischen Dominante.
Diese grundsätzliche Verschiedenheit erfordert eine völlig neue Ästhetik. Sie
wird auf der Grundlage sich aufbauen: Gleichgewicht zwischen dem Natür-
lichen und dem Geistigen, zwischen dem Inneren und dem Äußeren.
Die Auffassung »des Schönen« und »der Kunst« ist relativ. Die Schönheit
an sich ist so groß, so tief, so unerschöpflich, daß sie in immer neuer Gestalt
sich zu erweisen vermag, ständig an Gewalt sich mehrend. Die Überlegenheit
der Kunst der Zukunft kommt von dieser Seite. Sie ist einzig abhängig von
der Überlegenheit der Auffassung.
Was für den Menschen der Vergangenheit Schönheit und Kunst waren, das
sind sie nicht mehr für den Menschen der Zukunft. Im Maße wie sich der
Mensch ändert, ändern sich seine Begriffe. Gleichwohl ändern sich die Men-
schen allemal nur um ein weniges, andernfalls würde niemand mehr imstande
sein, alte Musik aufzuführen noch anzuhören. Die Ungleichheit der Menschen,
die einen Stil für alle unmöglich macht, gibt der Existenz der alten Kunst die
Berechtigung neben der der neuen.
Die Natur, für den neuen Menschen veränderlich, wird ihre Realität in der
Tat ändern. Eine andere Realität, weniger natürlich, ist an ihrer Stelle ent-
standen, sichtbar und hörbar. Das Pittoreske ist mehr oder weniger durch das
Mathematische ersetzt: Der Sang der Vögel durch das Getöse der Maschine.
Louis Russolo sagt: »In der dröhnenden Atmosphäre der großen Städte wie
auf dem ehemals so stillen Lande erzeugen die Maschinen eine solche Menge
der verschiedensten Geräusche, daß der reine Ton in seiner Kleinheit und
Monotonie keine Erregung mehr hervorruft.«
3*
ganz klar »das Unbewußte« zurück, und äußert sich in der Kunst, insofern es
das Gleichgewicht derart herstellt, daß jede Frage ausgeschlossen bleibt. Der
Tragik Herrschaft ist beendet. Die alte Malerei war eine Malerei »der Seele«,
also des Tragischen; die neue Malerei ist eine Malerei »des Geistes«, also frei
von der tragischen Dominante.
Diese grundsätzliche Verschiedenheit erfordert eine völlig neue Ästhetik. Sie
wird auf der Grundlage sich aufbauen: Gleichgewicht zwischen dem Natür-
lichen und dem Geistigen, zwischen dem Inneren und dem Äußeren.
Die Auffassung »des Schönen« und »der Kunst« ist relativ. Die Schönheit
an sich ist so groß, so tief, so unerschöpflich, daß sie in immer neuer Gestalt
sich zu erweisen vermag, ständig an Gewalt sich mehrend. Die Überlegenheit
der Kunst der Zukunft kommt von dieser Seite. Sie ist einzig abhängig von
der Überlegenheit der Auffassung.
Was für den Menschen der Vergangenheit Schönheit und Kunst waren, das
sind sie nicht mehr für den Menschen der Zukunft. Im Maße wie sich der
Mensch ändert, ändern sich seine Begriffe. Gleichwohl ändern sich die Men-
schen allemal nur um ein weniges, andernfalls würde niemand mehr imstande
sein, alte Musik aufzuführen noch anzuhören. Die Ungleichheit der Menschen,
die einen Stil für alle unmöglich macht, gibt der Existenz der alten Kunst die
Berechtigung neben der der neuen.
Die Natur, für den neuen Menschen veränderlich, wird ihre Realität in der
Tat ändern. Eine andere Realität, weniger natürlich, ist an ihrer Stelle ent-
standen, sichtbar und hörbar. Das Pittoreske ist mehr oder weniger durch das
Mathematische ersetzt: Der Sang der Vögel durch das Getöse der Maschine.
Louis Russolo sagt: »In der dröhnenden Atmosphäre der großen Städte wie
auf dem ehemals so stillen Lande erzeugen die Maschinen eine solche Menge
der verschiedensten Geräusche, daß der reine Ton in seiner Kleinheit und
Monotonie keine Erregung mehr hervorruft.«
3*