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zu zeigen. — Ebenso wird die gleichwohl kurze Dauer einer Komposition ein
»Klangbild« hervorrufen. Es ist wie in der Malerei: betrachtet man ein Bild
der neuen Gestaltung, so wird man nacheinander Zusammenhänge finden, nach
dem ersten allgemeinen Eindruck wandert der Blick von einer Fläche zu ihren
Kontrastflächen und umgekehrt. Ebenso bildet man unter Vermeidung traditio-
neller Wiederholungen jedesmal neue Verhältnisse, auf denen sich dann der
Gesamteindruck aufbauen wird.

Damit die Komposition der Ausdruck der Ausgeglichenheit wird und seine
beiden Elemente neutralisiert, müssen die Töne (malermäßig gesprochen) flächen-
haft sein, und weder gleiche Stärke noch gegenseitige Übereinstimmung haben.
Ein kräftiger Ton kann einem vergleichsweise schwachen Geräusch entgegen-
gestellt werden, aber einem gänzlich von ihm verschiedenen. —Auf diese Weise
ist es ausgeschlossen, verschwommen oder monoton zu werden.

Die Elemente der Dualität der Ausdrucksmittel, die nur als Theorie etwas
trocken scheinen, verbinden sich, um eine sich im ganzen des Bildes verlierende
Einheit zu bilden. Die Komposition und das Ausdrucksmittel haben einen vom
natürlichen Rhythmus gänzlich verschiedenen Rhythmus geschaffen; ihr Aus-
druck ist der gleiche, wie in der Malerei der neuen Gestaltung. Wie hier, ist
es für den Künstler das Schwerste, dem Rhythmus das Unveränderliche in gleich-
wertiger Weise entgegenzustellen. -—

Der Rhythmus ist in der Kunst der neuen Gestaltung das äußerliche Kompo-
sitionsmittel, wie es die Farbe und die Art derselben als schaffendes Mittel ist.

Schon in der modernen Tanzmusik (Shimmy, Foxtrott, Tango) finden wir,
daß die aus der Dualität entstehende Straffheit und auch das Tempo nicht ge-
nügen, Kunst zu schaffen. Immerhin, die gegensätzliche Zweiteilung (pointe-
talon), die Schnelligkeit des Tempos im Shimmy sind recht bemerkenswert.
Obgleich der neue Geist in diesem Tanz zu erwachen beginnt, bleibt er, be-
sonders durch die Überkünstlichkeit des Zeitmaßes mehr oder weniger banal. —
Diese Banalität wächst noch, wenn die Zweiteilung im scharfbetonten Zeitmaß
(»ä deux« oder »ä trois«) zutage tritt oder wenn die »Melodie« zur Erscheinung
kommt; trotzdem diese Akzentuierung durch die Mannigfaltigkeit der Gegen-
sätze einigermaßen vernichtet wird, individualisiert sie den Ausdruck. Die Me-
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