Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die "Venetianer. 15

.

DIE VENETIARER

In der ersten Auflage meines „Kritischen Versuchs"
begann ich dieses Kapitel mit folgenden Worten, die
ich hier zu wiederholen für passend erachte:

Sehen wir nun in dem neuen 1879 erschienenen Kata-
log des Herrn Dr. Marggraff nach, ob die Altmeister
der Schulen in den Bäumen dieser Galerie würdig ver-
treten sind, so fallen uns vor allem zwei Namen in die
Augen, welche beide einen feinen Klang haben und
Männern angehörten, die während des 15. Jahrhunderts
die Hauptvertreter, der eine der venetianischen, der
andere der paduanischen Malerschule waren, nämlich
Giovanni Bellini und Andrea Mantegna. Dies
sind wahrlich grosse, charaktervolle Meister, und man
sollte voraussetzen, dass ihre Physiognomie jedem Kunst-
forscher klar im Gedächtniss eingeprägt sei. — Dürfen
wir aber deshalb ohne weiteres dem Kataloge Glauben
schenken? Keineswegs, da selbst der Verfasser desselben
in seiner Vorrede zugibt, dass menschliche Urtheile nicht
unfehlbar sind. Auch hat ja der Geist wie der Körper
seine Gewohnheiten, hängt an dem ihm überlieferten
Lug und Trug ebenso zähe, ja noch zäher, als an der
Wahrheit.1

Darum rathe ich allen Jüngern Kunstfreunden, sind
sie wirklich gewillt in einer Bildersammlung etwas zu

1 Schon Lionardo da Vinci machte die Bemerkung, dass:
„il massimo inganno degli uomini e nelle loro opinioni" (der grösste
Trug der Menschen liegt, in ihren vorgefassten Meinungen).
 
Annotationen