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Die Umbrier. 147

ist ebenfalls verfehlt, so auch die Füsse des heiligen
Joseph. Raffaelischer Geist und Charakter ist im Kopfe
des Jesuskindes noch am meisten erhalten. Grossherzoo;
Cosimo III. hatte dieses Bild seiner Tochter Anna
Maria de' Medici als Brautgeschenk mit nach Deutsch-
gegeben.1

Zum Schlüsse noch ein Bild, welches in diesem
Saale Eafl'ael zugeschrieben wird (Nr. 1052). Es ist
dies das weltberühmte Porträt des sogenannten Bindo
Altoviti von Florenz: „ ed a Bindo Altoviti", sagt
Vasari,. „fece il ritratto suo, quando era giovine, che
& tenuto stupendissimo" (das für wunderschön gehalten
wird). Der Aretiner scheint also dieses Gemälde nicht
mit eigenen Augen gesehen zu haben. Hören wir nun
vorerst, was die berühmtesten neuern Raffaelisten über
dieses Bild sagen. Baron von Eumohr („Italienische
Forschungen", III, 109) verweilt lange bei dem Bild-
nisse; er erklärt es für eins der schönsten des Urbi-
~ naten und für Selbstporträt Raffael's. „Denn",
bemerkt er seinem Gegner Missiri (der es für das Bild
des Altoviti gehalten wissen wollte), „wäre es das Por-
trät des Bindo, so hätte Vasari «.il ritratto di lui und
nicht sm«» sagen müssen, da ja nach dem Gebrauche
der italienischen Sprache das Possessivum sich stets auf
das Subject des Satzes beziehen soll."

Wie zu fast allen kunstgeschichtlichen und ästhe-
tischen Sentenzen des geistreichen Barons zu seiner Zeit
die meisten Kunstgelehrten Deutschlands beipflichtend
den Kopf nickten, so sind viele derselben auch in dieser
grammatikalischen Sentenz ihm blindlings gefolgt. So
gross auch immer die Verehrung ist, die ich vor der
Gelehrsamkeit hege und so sehr mir dieselbe imponirt,
so kommt es mir doch vor, dass in dieser speciellen

1 Eine neuere verständige Restauration gab dem Bilde wieder
-einiges Gleichgewicht, sodass es nun geniessbarer wurde.

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