Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die TJmbrier. 149

davalier vielleicht nicht bereits seine 25—26 Jahre zu-
rückgelegt haben? Sei jedoch dem wie ihm wolle,
ich kann nicht die Frage unterdrücken: ist denn dieses
berühmte Altoviti- Porträt wirklich von der Hand
Raffael's gemalt? Könnte es vielleicht nicht auch eine
gute :alte Copie sein? Als ich vor zehn Jahren vor
diesem Bilde stand, bemerkte ich, dass die geleckte
violett-rothe Farbe auf dem Gesichte statt an Giorgione,
wie mehrere Kunstgelehrte meinten, eher an den Pinsel
eines Restaurators aus dem vorigen Jahrhundert er-
innerte. In der Zwischenzeit wurde das Gemälde im
Auftrag der verständigen Direction der Pinakothek
einer gründlichen Reinigung unterstellt und hat nun
jene geleckte violett-rothe Gesichtsfarbe verloren,
welche, wie ich befürchte, der Anlass war, dieses Bild
in den Augen vieler Kunstgelehrten als das schönste
Gemälde des Urbinaten erscheinen zu lassen. Ich muss
übrigens zu meiner Schande offen gestehen, dass ich
vor diesem Porträt kein Urtheil mir erlaube. Mit
Herrn Custos Bayersdorffer dabei an Giulio Romano
zu denken, erscheint mir nicht rathsam. Der Farben-
auftrag hier ist durchaus nicht der der Raffael'schen
Schule; auch die Form des Ohres ist nicht die, welche
wir in den übrigen Bildern, weder Giulio Romano's,
noch Raffael's gewahren, die Behandlung der Haare und
der Brauen weicht ebenfalls von der Art und Weise
ab, wie Raffael und seine Schüler die Haare behandeln.
Kurz, entweder bin ich vor den Kopf geschlagen ©der
meine berühmten Vorgänger haben alle vor diesem
Bilde sich getäuscht, was, wenn auch nicht sehr wahr-
scheinlich, doch immerhin möglich ist.

Ich fürchte aber, meine Leser sind dieses bestän-
digen Widerspruchs gegen althergebrachte Ansichten
längst müde, und ich gestehe, dass die Lösung einer
solchen Aufgabe mir selbst keine sehr erfreuliche war.
Ist es doch viel angenehmer, zumal für einen alten

49
 
Annotationen