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Müller, Friedrich Max
Vorlesungen über den Ursprung und die Entwicklung der Religion: mit besonderer Rücksicht auf die Religionen des alten Indiens — Strassburg, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.22367#0016
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Vorwort zur deutschen Ausgabe,

religiösen Denkens geführt hat. Anfang, Mitte und Ende
liegen hier klar vor Augen. Ein Zurückgehen über den
tiefsten Standpunkt der Vedischen Religion ist wohl mög-
lich , ist aber für unsere Zwecke unnöthig, weil derselbe,
so wie er ist, wenn auch nicht voraussetzungslos, doch
vollkommen begreiflich ist. Ein Weitergehen über den in
den Upanischaden erreichten Standpunkt ist nicht möglich.
Selbst der Buddhismus, der philosophisch von den Upani-
schaden ausgeht, kommt nicht über den Vedänta, über
das sein Höchstes Selbst erkennendes Selbst hinaus. Er
geht in der Entwickelung der religiösen Idee nur rück-
wärts , entweder in den schon überwundenen Nihilismus,
oder in die Verehrung mythologischer Götter, eines Ava-
lokitesvara, Amitäbha oder Adi-buddha verfallend. Die
religiöse Idee, auf deren Entwickelung ich mich beschränkt
habe, fängt im Yeda an und findet im Yeda ihren Ab-
schluss.

Weil nun aber die religiöse Entwickelung sich im
alten Indien so genau verfolgen, so vollständig auf jeder
Stufe begreifen lässt, so folgt durchaus nicht, dass sie die
einzig mögliche oder die einzig richtige sei. Sie ist eben
nur eine von vielen und hat als solche ihre historische
Berechtigung. Es ist das Ziel der Vergleichenden Theo-
logie, wie sie jetzt durch Männer wie Pfleiderer, Happelt,
Reville, Tile vertreten wird, alle naturwüchsigen Religionen
in ihrem Entstehen und Vergehen zu begreifen, um dann
im Vielen das Eine, im Wechselnden das Bleibende, im
Falschen das Wahre zu erkennen. Während man sonst
die Uebereinstimmungen zwischen den sogenannten falschen
Religionen und der wahren Religion dazu benutzte, um
letztere herabzusetzen, stützt sich die Vergleichende Re-
ligionswissenschaft gerade auf diese Uebereinstimmungen,
 
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