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50 Zweite Vorlesung.

Adrogha-väX- bedeutet: jemand, dessen Rede niemals täuscht.
So soll Indra, der vedische Jupiter, von den Vätern gepriesen
worden sein40 als »der den Feind erreicht, ihn überwindet, auf
der Höhe thront, wahrhaft vonRede, mächtig von Gedanken«.

DroghaväÄ41, im Gegenteil, wird von betrügerischen Men-
schen gebraucht. So sagt Vasishrta, einer der großen vedischen
Dichter: »Wenn ich falsche Götter augebetet, oder vergeblich
an die Götter geglaubt hätte — aber warum bist du auf uns
böse, o Gätavedas? Möge die Lügner Vernichtung treffen!«

Satt/am als Neutrum wird häufig als ein Abstractum ge-
braucht und dann richtig mit Wahrheit übersetzt. Aber es be-
deutet auch das was ist, das Wahre, das Wirkliche, und es giebt
einige Stellen im Rigveda, wo wir nach meiner Ansicht satyam
einfach das Wahre, d. i. das Wirkliche, to ovring ov, über-
setzen müssen. Es klingt ohne Zweifel recht gut, wenn wir sa-
tyena uttabhitä bhumiA übersetzen: »die Erde ruht auf der Wahr-
heit«, und ich glaube, hier hat jeder Übersetzer satya in diesem
Sinne genommen. Bei Ludwig heißt es: »Von der Wahrheit ist
die Erde gestützt.« Aber eine solche Vorstellung, wenn sie
überhaupt einen fassbaren Sinn hat, ist für jene alten Dichter
und Philosophen viel zu abstrakt. Sie wollten sagen » die Erde,
wie wir sie sehen, wird getragen, d. h. ruht auf etwas Wirk-
lichem , obgleich wir es nicht sehen«, auf etwas, das sie das
Wirkliche 42 nannten, und dem sie im Laufe der Zeit noch viel
andere Namen gaben, wie rta das Rechte, brahman u. s. w.

Natürlich muss, wo jene starke Ehrfurcht vor der Wahr-
heit vorhanden ist, auch das Gefühl für die Schuld, welche aus
der Unwahrheit entspringt, vorhanden sein. Und so hören wir
einen Sänger beten, dass die Wasser ihn rein waschen und alle
seine Sünden und alle Unwahrheit wegnehmen mögen:

»Nehmet hinweg, ihr Wasser43, alles Böse, das in mir sein
mag, wo ich auch immer getäuscht oder geflucht haben mag,
und auch alle Unwahrheit (anrtam44).«

Oder wiederum im Atharvaveda IV, 16, 6:

»Mögen alle die bösen Stricke, welche dreifach zu sieben
und sieben ausgespannt sind, den Mann umfangen, welcher
 
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