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Menschliches Interesse an der Sanskrit-Litteratur. 63

zu seinem eigenen, sowie zu fremdem Nutzen anwenden will,
Sanskrit zu lernen, und es gut zu lernen.

Ich weiß, man wird sagen: Was kann heutzutage das
Sanskrit nützen? Ist es nicht eine tote Sprache? Und schämen
sich die Hindus nicht selbst ihrer alten Litteratur? Lernen sie
nicht Englisch, und ziehen sie nicht Locke und Hume und Mill
ihren alten Dichtern und Philosophen vor?

Ohne Zweifel ist das Sanskrit in einem Sinne eine tote
Sprache. Es war, glaube ich, schon vor mehr als zweitausend
Jahren eine tote Sprache. Buddha befahl seinen Schülern um
ungefähr 500 v. Chr., in den Volksdialekten zu predigen, und
als König Asoka im dritten Jahrhundert v. Chr. seine Edikte
erließ, welche vom Volke gelesen oder wenigstens verstanden
werden sollten, ließ er sie auf Felsen und Pfeilern eingraben,
abgefasst in den verschiedenen lokalen Mundarten von Kabul •
im Norden bis Ballabhi im Süden, von den Quellen des Ganges
und der Jumnah bis Allahabad und Patna, ja sogar bis herab
nach Orissa. Diese verschiedenen Dialekte sind so abweichend
vom Sanskrit wie das Italienische vom Lateinischen, und wir
haben daher guten Grund zu der Annahme, dass das Sanskrit
im dritten Jahrhundert v. Chr., wenn nicht früher, aufgehört
hatte, die gesprochene Sprache der großen Masse des Volkes
zu sein.

Es giebt eine interessante Stelle im üTullavagga, wo uns
berichtet wird, dass schon bei Lebzeiten Buddha's einige seiner
Schüler, welche von Geburt Brahmanen waren, sich darüber
beklagten, dass das Volk die "Worte seines Lehrers entstelle,
indem jedermann sie in seinem eigenen Dialekt (nirutti) wieder-
hole. Sie machten den Vorschlag, die Worte ins Sanskrit zu
übersetzen; er aber lehnte es ab und befahl, dass jedermann
seine Lehre in seiner eigenen Sprache lernen sollte2.

Hardy citiert noch eine andere Stelle in seinem Manual of
Buddhism, p. 186, wo wir lesen, dass zu der Zeit, als Buddha
zuerst predigte, jeder der zahllosen Zuhörer dachte, der Weise
blicke auf ihn und rede zu ihm in seiner eigenen Sprache, ob-
wohl die gebrauchte Sprache Mägadhi3 war.
 
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