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Die Lehren des Veda. 123

Und wiederum hören wir von einem Wesen, welches Hira-
»yagarbha, der goldene Keim, genannt wird — der Ursprung
dieses Namens ist dunkel —, von dem der Dichter sagt4: » Am
Anfang entstand Hirawyagarbha; er war der eingeborne Herr
der Welt. Er gründete die Erde und diesen Himmel. Wer ist
der Gott, dem wir unser Opfer darbringen sollen?« Jener Hira-
»yagarbka, sagt der Dichter, »ist allein Gott über alle Götter«
(yaÄ deveshu adhi devaA ekaA aalt), eine Aufstellung der Ein-
heit des Göttlichen, welche an Nachdruck kaum von einer
Stelle des Alten Testaments übertroffen werden kann.

Aber neben solchen Stellen, deren Zahl gering ist, stehen
tausende, in welchen wer weiß wie viele göttliche Wesen ge-
priesen und angebetet werden. Ja ihre Zahl wird sogar manch-
mal als » drei mal elf« oder dreiunddreißig 5 angegeben, und ein
Dichter weist elf Götter dem Himmel, elf der Erde und elf dem
Wasser6 zu, womit hier das Wasser der Atmosphäre und der
Wolken gemeint ist. Diese dreiunddreißig Götter haben sogar
Frauen, die ihnen zugeschrieben werden", obgleich es erst
wenige von diesen zu der Ehre eines Namens gebracht haben8.

Mit diesen dreiunddreißig ist jedoch die Zahl der vedischen
Götter keineswegs abgeschlossen; denn solche wichtige Gott-
heiten wie Agni, das Feuer, Soma, der Regen, die Maruts oder
Sturmgötter, dieAsvins, die Götter des Morgens und des Abends,
die Morgenröte, die Sonne, werden besonders erwähnt, und es
fehlt nicht an Stellen, wo der Dichter sich zu Übertreibungen
fortreißen lässt, bis er ausruft, die Zahl seiner Götter betrage
nicht nur dreiunddreißig, sondern dreitausend dreihundert und
neununddreißig 9.

Wenn es also einen Namen für die Religion des Veda geben
soll, so würde Polytheismus auf den ersten Blick am ange-
messensten scheinen. Allein das Wort Polytheismus hat bei
uns einen Sinn angenommen, der seine Anwendung auf die ve-
disehe Religion schlechterdings unmöglich macht.

Da unsere Vorstellungen des Polytheismus hauptsächlich
von Griechenland und Rom abgeleitet sind, verstehen wir dar-
unter ein mehr oder weniger organisiertes System von Göttern,
 
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