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Briefe über den Buddhismus. 243

verschieden, dass sie den letzteren kaum als ihre eigene Religion
anerkennen würden.

Entschuldigen Sie diese flüchtigen Bemerkungen. Treulich
der Ihrige

F. Max Müller.«

IL

»Ich kann nichts dagegen haben, dass Sie meinen Brief auf
Ihrer Konferenz verlesen wollen, und nach Empfang Ihres
zweiten Briefes thut es mir um so mehr leid, dass ich nicht im-
stande bin, mich persönlich zu beteiligen. Nicht als ob ich viel
Zutrauen zu öffentlichen Diskussionen hätte, da es so außer-
ordentlich schwer ist, ganz freimütig und wahr zu sein, wenn
hundert Menschen auf einen hören, und Erfolg und Beifall fin-
den Augenblick wichtiger scheinen, als die Feststellung der
Thatsachen und die Anerkennung der Wahrheit. Aber ich be-
wundere die Unerschrockenheit, mit der Sie die öffentliche Dis-
kussion über einen Gegenstand herausfordern, der für so viele
eine Art von Popanz geworden ist. Ich stimme ganz mit Ihnen
überein, und denke, ich kann von mir sagen, dass ich mein
Lebelang in dem Geiste gearbeitet habe, der aus Ihrem Schreiben
zu mir spricht, so dass, wenn einer Ihrer Freunde mir beweisen
könnte, was er Ihnen gesagt zu haben scheint, nämlich »dass
das Christentum nur der geringere Abdruck eines größeren Ori-
ginals sei«, ich mich verneigen und das größere Original an-
nehmen würde. Dass es auffallende Übereinstimmungen zwi-
schen Buddhismus und Christentum giebt, kann nicht geleugnet
werden, und es muss gleichfalls zugestanden werden, dass der
Buddhismus wenigstens 400 Jahre vor dem Christentum exi-
stierte. Ich gehe noch weiter, und würde den lebhaftesten Dank
empfinden, wenn jemand mir die historischen Kanäle nachweisen
könnte, durch welche der Buddhismus das frühe Christentum
beeinflusst haben könnte. Ich habe mich mein Lebelang nach
solchen Kanälen umgesehen, doch bis jetzt habe ich keinen ge-
funden. Dagegen habe ich gefunden, dass es für einige der auf-
fallendsten Übereinstimmungen auf beiden Seiten historische
Vorstufen giebt, und wenn wir diese Vorstufen einmal kennen,
werden die Übereinstimmungen viel weniger auffallend. Wenn
ich in gewissen buddhistischen Werken Lehren antreffe, die mit

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