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322 Exkurs H.

Exkurs H, S. 197.

Über die Pitrs oder Väter.

Im Manu haben der Glaube an die Väter und die Regeln
für die Verehrung derselben einen sehr komplizierten Charakter
angenommen, und es giebt viele Stellen, welche von denjenigen
angeführt werden könnten, die der Meinung sind, dass auch in
Indien der Glaube an die Väter zuerst kam, und der Glaube an
die Götter erst hinterher folgte. Es giebt noch andere Gründe,
welche zur Unterstützung einer solchen Theorie dienen könnten,
und ich wundere mich, dass man sie nicht vorgebracht hat,
wenn ich auch nicht glaube, dass sie gegen die Wucht der Be-
weisgründe auf der anderen Seite aufrecht gehalten werden
können. Der Name des ältesten und größten unter den Devas
ist z. B. im Sanskrit nicht einfach Dyaus, sondern Dyaush-pitä,
Himmel-Vater, und es kommen verschiedene andere Namen des-
selben Charakters nicht bloß im Sanskrit, sondern auch im
Griechischen und Lateinischen vor. Sieht es nicht aus, als ob
Dyaus, der Himmel, erst dann persönlich und anbetungswürdig
wurde, als er zu der Kategorie eines Pitr, eines Vaters, erhoben
worden war, und dass diese Kategorie eines Vaters erst fertig
sein musste, ehe sie auf Dyaus, denHimmel, Varuraa und andere
Götter ausgedehnt werden konnte? Dies klingt wahrscheinlich,
und ich leugne nicht, dass etwas von Wahrheit darin liegen
mag. Aber es ist nicht die ganze Wahrheit, und nichts, glaube
ich, ist eine so beständige Quelle des Irrtums, als das Missvei--
ständnis, etwas Wahres für die ganze Wahrheit zu nehmen.
Die vedischen Dichter glaubten an Devas, Götter, wenn wir
sie so nennen müssen, eigentlich die Glänzenden, Pitrs, Väter,
und Manushyas, Menschen, Sterbliche '. Wer zuerst und wer
später herankam, ist schwer zu sagen; aber sobald die drei
nebeneinander gestellt waren, standen die Götter sicherlich am
höchsten, dann folgten die Pitrs, und zuletzt kamen die Sterb-
lichen. Der Gedanke der alten Weisen reichte nicht so weit,

1 Atharvaveda X, 6, 32.
 
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