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Ki.rche, eme straffere Veremheitlichung der Liturgie zu schaffen. Gelun-

gen lst dies erst durch den Anspruch der Karolinger, aus dem Franken-
reich eine ernstzunehmende Großmacht zu entwickeln und die Nachfolge
des Römischen Imperiums anzutreten. Der Frankenkönig Pippin, in des-
sen zwölften Regierungsjahr das Lorscher Kloster gegründet wurde6. Die-
ser hatte als Vertreter der neuen Herrscherfamilie der Karolinger noch
mit starker Opposition zu kämpfen und verbündete sich mit Papst Ste-
phan II., der sowohl von den Langobarden als auch von den Byzantinern
bedroht wurde. Beide hatten ein Ziel: ein starkes, zentralistisches fränki-
sches Reich und eme starke, ebenfalls zentralistische Staatskirche7. Im
Hinblick auf die Kirche hatte Bonifatius durch seine Bistumsreform und
seine Klostergründungen (Fulda) seinen Beitrag geleistet.

Auch im Bereich der Liturgie gab es Konflikstoff. Obwohl die meisten
Päpste - gerade Gregor der Große bildet hier eine Ausnahme- eine litur-
gische Einheit anstrebten, war es erst der Frankenkönig Pippin III., der
Jüngere, der der liturgischen Vielfalt in seinem Herrschaftsgebiet ein
Ende bereitete. Im Jahr 754 befahl er die Einführung und ausschließliche
Verwendung der römischen Liturgiebücher durch königlichen Erlaß und
damit auch das Verbot der altgallikanischen Liturgie8.

Maßgeblichen Anteil an der Einführung der römischen Liturgie und damit
auch ihrer Musik, dem Gregorianischen Choral, hatte Bischof Chrodegang
von Metz, der später der erste Abt von Lorsch wurde. Chrodegang war ein
Verwandter des karolingischen Königshauses, wahrscheinlich sogar ein
Enkel Karl Martells. Gleichzeitig war Chrodegang, der in den Lorscher
Quellen Ruodgang genannt wird, auch ein Onkel von Cancor, 2. Graf des
Oberrheingaus, der 764 das Lorscher Kloster stiftete. Chrodegang wurde
gewissermaßen der Nachfolger des Bonifatius in seiner Aufgabe, die

6 So beginnt die Lorscher Chronik auch nach Überschrift und Programm mit der Klosterge-

schichte wie folgt: «Anno dominice, incainationis septingentesimo sexagesimo quarto,
Pippini uero regis Francorum. qui ex sententia Zacharie pape deposito Hilderico. per
beatum Bonifacium magontine sedis archiepiscopum et mrem. ex prefecto palatii in
regiam dignitatem est unctus, ac postea per Stephanum papam apostolica unctione
confirmatus. anno duodecimo, Cancor illustris rhenensis pagi comes. cum matre sua
religiosa et deo acceptabili Williswinda. uidua RiSperti comitis. monasterium Lauresham
...uenerabili RiStgango Metensis ecclesie archiepiscopo ad instituendam inibi monastice
professionis militiam tradiderunt...»(Codex Laureshamensis, S. 265f.)

7 Gamber, Der altgallikanische Meßritus, S. 13f.. Die Problematik bei der Bewertung der

Einführung der römischen Liturgie im Frankenreich wird deutlichu.a. bei Stäblein in
MMM Bd. 2. S. 52. 68ff. und 142f„ Ekenberg S. lff, Klöckner S. 17ff, Hucke, Einführung,
die jeweils leicht andere Akzente setzen.

a Dennoch war auch Lorsch möglicherweise im Besitz dreier gallikanischer Liturgiehand-
schriften aus dem westlichen Frankenreich, die im Codex Pal. lat. 493 zusammengefaßt
sind. Gamber (CLA S. 165) weist zumindest für einen Teil (fol. 19-99) Lorsch als Biblio-
theksheimat zu, während Berschin in Bibliotheca Palatina S. 125 einwendet, daß der For-
scher Mabillon im Jahr 1685 sagt, die Handschrift sei von Fleury aus über Straßburg in
den Palatina-Bestand gekacwaan. Für Lorscher Provenienz dagegen lossen sich keine
Spuren finden.
 
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