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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 10
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Bakenhus, Gerhard: Der Zinnober, seine Herstellung und sein Gebrauch in der Malerei der letzten acht Jahrhunderte, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0043
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Nr. io.

Münchner kunsttechnische Blätter.

39

Freien befindliche Objekte von Firmenschildern usw.
mit der Zeit nachdunkeln."
S. tu sagt er, es sei ein Irrtum, zu glauben, dass
Zinnoberbleiweiss in Mischung schwarzes Schwefelblei
bilde. Der Zinnober bezw. das Schwefelquecksilber
ist die beständigste Schwefelverbindung, die man kennt,
Er ist in kochendem Salz und Salpetersäure unlöslich
und wird durch Alkalien nicht verändert, um ihn zu
lösen, muss man Königswasser anwenden. Auch bei
der Fälschung mit Mennige bildet sich kein schwarzes
Schwefelblei.
Auf S. 1S0 weist er nach, „dass Bleiweiss auf
Zinnober keine üble Einwirkung hat". Hierzu möchte
ich bemerken, dass 18—73 Tage meines Erachtens
kein genügender Zeitraum sind, um die Lichtechtheit
einer Farbe festzusteilen, auch ist nach meinen Ver-
suchen nicht ohne weiteres zu sagen, dass Oel ein
Schutzmittel für Zinnober ist, wie ja auch Bouvier
dieses schon festgestellt hat.
Falls man sonst einen haltbaren Zinnober hat, ist
die Mischung mit Bleiweiss nicht sehr gefährlich, je-
doch ist Zinkweiss vorzuziehen, denn 6 Monate dem
Sonnenlichte ausgesetzte Mischungen von Bleiweiss
und Zinnober und Zinkweiss und Zinnober ergeben,
dass letztere bedeutend reiner erscheint. Es ist hier-
bei aber eine eigentümliche Erscheinung, trotzdem
Zinkweiss in Oel angerieben etwas gelblicher erscheint,
wohl weil doppelt soviel Oel darin ist wie in Blei-
weiss, so ist die Anmischung doch bläulicher und
bleibt es auch.
Dass Zinnober die beständigste Schwefelverbindung
sei, ist mir etwas zweifelhaft. Nach meinen Versuchen
ist reines Schwefelkadmium haltbarer, ebenso guter
Ultramarin. Ich kann auch dem nicht zustimmen, dass
Zinnober, in Wasserfarben gemischt, nicht so haltbar
sein soll wie in Oel; einzelne Sorten Zinnober, in
Gummi angerieben, haben sich in 3 Jahren nicht merk-
lich geändert. Die unhaltbaren Sorten sind in Oel
ebenso schnell verdorben wie in Wasserfarben.
Auch gibt es auf nassem Wege hergestellte Sorten
Zinnober, welche den auf trockenem Wege hergestellten
an Haltbarkeit nicht nachstehen. Was nun meine
eigenen Versuche anbelangt, so habe ich im Laufe
von 13 Jahren etwa 300 verschiedene Aufstriche mit
verschiedenen Bindemitteln gemacht, die manche über-
raschende Aufschlüsse ergaben. Vor alleb Dingen
besagen die verschiedenen Bezeichnungen wie Berg,
Patent, Karmin, Orange, Scharlach, Chinesisch usw.
gar nichts, da es noch die Frage ist, ob man wirklich
echten chinesischen Zinnober bekommt, wenn man ihn
verlangt (wirklich echten chinesischen Zinnober erhält
man von Gehe & Co. A.-G., Dresden, in glänzend
schwarzem Papier verpackt, als äussere Hülle weisses
Papier mit chinesischen Schriftzeichen). Dieser chine-
sische Zinnober ist wohl eine der haltbarsten Sorten,
jedoch gibt es auch andere, die man mit der genügen-
der Vorsicht ruhig anwenden kann.
Der Essig, mit dem die alten Meister den Zinn-
ober behandelten, hat eine entschiedene Einwirkung
auf die meisten, wenn auch nicht alle Sorten. Ich
habe den Zinnober mit Essig gerieben so lange, bis
er vollständig wieder trocken war; falls man ihn ein-
trocknen lässt, muss man ihn nachher doch wieder
pulverisieren. Viele Sorten werden durch das Reiben
mit Essig noch feuriger im Ton, aber auch haltbarer.
Bei manchen wenig haltbaren Sorten hat aber auch
das Behandeln mit Essig keine nachhaltige Wirkung.
Das Reiben mit Alkohol, wie Pernety angibt, scheint
mir nicht so günstige Einwirkung zu haben, jedoch
möchte ich hierüber kein abschliessendes Urteil ab-
geben. Das Behandeln mit Urin habe ich nicht ver-
sucht, da es mir zu unsauber war, auch das Auskochen
mit Lauge mir diesem analog schien. Ich versuchte
noch einen Zusatz von Alaun, da ich es aber jeden-

falls falsch gemacht habe, war es ein Misserfolg; es
wäre jedenfalls nötig gewesen, nach dem Durchreiben
wieder auszuwaschen.
An Bindemitteln versuchte ich Leinöl, roh und
mit Glätte gekochtes, Mohnöl, Kopaivabalsam, Mastix
in Terpentin, Damar in Terpentin und beide mit Leinöl
gemischt, Bernstein in Leinöl oder mit dito Kopal so-
wie engl. Kutschenlack.
Bei gekochtem und ungekochtem Oel ist manch-
mal ein deutlicher Unterschied. Das mit Blei ver-
setzte Oel wirkt bei manchen Sorten Zinnober eher
schwärzend, und so natürlich auch bei Lacken, die mit
Bleipräparaten versetzt sind. Ebenso scheinen gewisse
Harzsäuren schlechten Einfluss auf den Zinnober zu
üben. Die Zinnober sind nun nach charakteristischen
Eigenschaften zu unterscheiden. Es gibt Sorten, welche,
dem direkten Licht ausgesetzt, gleichmässig dunkler
werden, in einem Bindemittel schneller, im andern
langsamer. Andere Sorten zeigen zuerst kleine schwarze
Punkte, die sich allmählich vermehren und zuletzt die
ganze Bildfläche bedecken; dieses tritt aber nur in
öligen Bindemitteln ein, und zwar da am ersten, wo
man schnell über die noch nicht gründlich ausgetrock-
nete Farbe firnisste.
Am schnellsten schwarz geworden ist in allen
Fällen der Zinnober, welcher in Kopaivabalsam ange-
rieben wurde. Dicke Aufstriche hielten sich nicht so
gut wie dünne, am besten die mit Terpentin verdünnten
auf magerem Grund. Nach dem Mayerne-Manuskript
verdünnte Rubens seine Farben mit Terpentin, und
dass er auf magern Grund malte, sieht man an seinen
Werken.
In Tempera von Eigelb ungehrnisst haben sich
die meisten Sorten Zinnober vorzüglich gehalten, so-
bald man aber firnisste, ganz einerlei, ob mit Oellack
oder blossem Essenzfirnis, wurden die meisten Sorten
in kurzer Zeit dunkel, nur wenn man zuerst einen
Zwischenfirnis von Gelatine gebrauchte, trat dieses
nicht ein. Bei einer Gummi-Oel-Tempera verhielt es
sich ganz ähnlich. Gelatine auf nicht ganz gründlich
durchgetrockneter Oelfarbe ist dagegen gar nicht
rationell. Auf einem alten Gemälde gut erhaltener Zinn-
ober (das Gemälde war vollständig verdorben), mit
Kopaivabalsam eingerieben, wurde bald dunkelbraun.
Vor 4 Jahren wurden mir von der K. K. Berg-
direktion Idria eine Anzahl (14 Sorten) zur Verfügung
gestellt, welche durch Buchstaben gekennzeichnet sind.
Hiervon sind 4 (St, Dr, Hr und C) auf trockenem, die
übrigen (HG, RG, H, HHG, Ho, Voo, Vo, G, V, R)
auf nassem Wege hergestellt. Die Marke St sind dunkel-
rote Kristalle, die übrigen Marken in Pulverform. Die
auf trockenem Wege hergesteliten Sorten sind von
guter Haltbarkeit, vollständig schwarz geworden ist
hiervon keine nach 6 Monate langer Belichtung. Die
eigentümlichen schwarzen Flecken zeigen sich auch
nicht in Mischung von Kopaivabalsam, worin sie sonst
am ersten auftreten; allerdings sind die 4 Sorten auch
hierin gleichmässig etwas dunkler geworden.
Bei den auf nassem Wege hergestellten Sorten
sind verschiedene von guter Haltbarkeit, wie Ho, H,
HG, RG, diese sind helle Sorten, gerade die dunkeln,
wie Voo, Vo, V, R, haben sich am wenigsten gut ge-
halten, die schwarze Fieckenbildung zeigt sich hier am
stärksten in Mischung mit Kopaivabalsam und da, wo
dieselben in diesem Bindemittel mit Essig und Spiritus
behandelt sind. Der Essenzfirnis hat zum Teil eine
schützende Wirkung, nur wieder nicht bei Kopaiva —
gerade hier ist der Zinnober unter dem Lack am
schwärzesten geworden. In den Monaten Februar,
März, April wirkt nach meinen Versuchen die Sonne
am stärksten ein; ob dieses nun an dem Feuchtigkeits-
gehalt der Luft liegt oder ob das Licht dann wirksamere
Strahlen hat, ist mir unbekannt, jedoch würden Unter-
suchungen nach dieser Richtung jedenfalls von Wert
 
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