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Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 5.

und er versucht daraufhin, das durch tageianges Po-
sieren noch um einige Grade stupider gewordene Ge-
sicht seines Modells genau so zu malen, wie „er es
sieht!" Schläfrig, geistlos, mit bis zum Stumpfsinn
blödem Ausdruck, ohne jeden farbigen Reiz, den
doch endlich jedes Gesicht, auch das dümmste, haben
wird, steht das Bildnis endlich, nach der Meinung des
Schöpfers fertig, da. Mit wenigen, aber um so kühneren
Pinselstrichen werden noch die Hände (warum müssen
diese auch je fünf Finger haben!?) fertiggestellt, d. h.
mit ein paar dunklen und einigen helleren „Pinsel-
schlägen" werden die Stellen markiert, wo die Finger
sein sollen, wenn der Maler es nicht vorzieht, mit
einem Stück Draperie als „Mantel der „christlichen
Liebe" diese Bildstelle zu verdecken.
Wie gerufen kommt der kunstverständige Freund,
ein Vertreter des Neuästhetentums, zur Türe herein
und ist entzückt über das äusserst gelungene Werk,
er bewundert die Unmittelbarkeit des Eindrucks, die
Wahrheit der Darstellung, die Kraft des Kolorits und
beglückwünscht den Maler zu dem grossen Erfolg, der
unausbleiblich eintreten werde, wenn er noch eine
Reihe weiterer so vortrefflicher Arbeiten vollendet
und in einer Sonderausstellung im Kunstsalon ausge-
stellt haben werde, über die zu referieren er selbst-
verständlich nicht ermangeln werde.
Diese Kritik und die Aufmunterung machen unseren
Künstler stolz, ja selbstbewusst geht er an die Arbeit
der Kollektivausstellung, die mindestens 15 ähnliche
Werke, Akte, Porträts, Stilleben, auch Landschaftliches
enthalten werde. In diese Ruhe des Schaffens platzt
eines Tages sein vor einem Jahr nach Paris abge-
gangener Kollege herein. Er sieht die teils fertigen,
teils angefangenen Leinwänden mit den impressio-
nistischen Malereien verwundert an und schlägt die
Hände über den Kopf.
„Ja, du willst ein moderner Künstler sein, und
weisst nicht, was jetzt das Modernste, das Neueste ist?
Du plagst dich mit der Farbengebung, mit Farben-
mischung, mit Licht und Schatten oder gar Reflexen,
die bei jeder Beleuchtung anders sein können! Du
weisst nicht, dass wir in Paris alles das verwerfen.
Nous nous hchons de tout cela! Wir kennen nur
noch das wissenschaftlich begründete Farbenmischungs-
System, das der Neo-Luministen oder wie man uns
fälschlich nennt ,Neo-Impressionisten'. Es ist das
einfachste, das es gibt, immer anzuwenden und von
unfehlbarer koloristischer Wirkung."
Und jetzt beginnt der Pariser Freund das neue
System auseinanderzusetzen, wie die Physiker es er-
klären und wie die Physiologen recht haben, dass die
Farbenerscheinung im Auge des Betrachters entstehe,
infolgedessen sei es die Aufgabe des Malers, die
Farben in kleinen verschiedenenfarbigen Flecken ge-
trennt aufzusetzen und dem Auge die Mischung zu
überlassen.
„Das ist aber doch nichts Neues, das ist doch der
Divisionismus, den wir bereits überwunden haben",
entgegnet der erste. (Fortsetzung folgt.)

LösliQhmachen von in Spiritus unlös-
lichem gebleichten Schellack.
Auf eine Anfrage, wie man gebleichten Schellack,
der sich in Spiritus nicht lösen lässt, zur Lösung
bringen kann, gibt Dr. H. Wolff, Berlin, in der „Far-
benzeitung" folgende Antwort: „Die Frage taucht nicht
selten auf und wird dann mit mehr oder weniger zu-
treffenden Antworten bedacht. Ein Allheilmittel gibt
es aber nach den Erfahrungen des Unterzeichneten
für unlöslichen gebleichten Schellack nicht. Je nach
Dauer der Lagerung, der Beschaffenheit des Produk-
tes, wird das eine oder andere Mittel hier und da
helfen, oft auch alle versagen. Im wesentlichen ba-
sieren die bekannten Methoden darauf, dass zunächst
der gemahlene Schellack durch gewisse Flüssigkeiten
zum Quellen gebracht wird und dann der gequollene
Schellack im Spiritus gelöst wird. Derartige, das
Quellen hervorrufende Stoffe sind Aether, Aceton,
gechlorte Kohlenwasserstoffe und andere mehr. Am
besten wirkt, nach Versuchen des Verfassers, Aceton
und Gemische von Aceton mit Aether im Verhältnis
von etwa 7 : 2. Zweckmässig verfährt man derart,
dass man den Schellack zunächst mit wenig Quellungs-
mittel übergiesst und ihn 24 Stunden dessen Einwir-
kung überlässt (in geschlossenem Gefäss zur Ver-
meidung von Verdunstung). Nach dieser Zeit gibt
man wieder etwas Quellungshüssigkeit zu, lässt einige
Stunden einwirken und wiederholt diese Mani-
pulation so lange, bis das Quellungsmittel nicht mehr
aufgenommen wird. Die in manchen Fällen dann
gallertartige Masse wird sorgsam mit der doppelten
Menge hochgrädigem Spiritus übergossen und (ohne
Erwärmen, das oft schädlich wirkt!) sich selbst über-
lassen. Bisweilen gelingt es, auf diese Weise einen
erheblichen Teil des Schellacks wieder in Lösung zu
bringen. Oft versagt die Methode aber auch voll-
ständig. Es ist daher unerlässlich, sich vor Behand-
lung der gesamten Partie an einer kleinen Probe über
den Einfluss des Verfahrens und der Menge eventuell
gelösten Schellacks zu unterrichten, da man sonst nur
Unkosten ohne Erfolg haben kann. Gelegentlich
kommt es auch vor, dass der Schellack zwar nicht
mehr von Spiritus gelöst wird, dagegen von Soda-
oder Boraxlösungen noch aufgenommen wird. Auch
hat Verfasser die Beobachtung gemacht, dass aus
solchen Lösungen gefällter, vorher unlöslicher Schel-
lack nachher wieder löslich war oder bei dem oben
geschilderten Quellungsverfahren leichter und zu einem
höheren Prozentsatz wieder in Lösung ging. Uebri-
gens dürfte es meist ökonomischer sein, die alkalische
wässerige Schellacklösung direkt zu verwenden, als
über den kostspieligen Umweg der Umfällung wieder
zu alkohol-löslichem Schellack zu gelangen, um so
mehr, als dieser selten noch alle guten Eigenschaften
des handelsüblichen gebleichten Schellacks aufweist.
Endlich sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass
die glücklich in Lösung gebrachten „unlöslichen"
Schellackpartien häutig bedenkliche Neigung zeigen
zum Ausfallen aus der Lösung oder zum Gelatinieren.
Auch sind die Lösungen nicht immer für Lacke und
Polituren verwendbar. Man muss also nicht nur den
Wert des Verfahrens in bezug auf die Erhöhung der
Löslichkeit prüfen, sondern auch auf die Eigenschaft
der erzielten Lösung."
Da der Fall auch die Maler angeht, und die jetzige
Zeit zum Haushalten mit allen Materialien zwingt, ha-
ben wir die obigen Ausführungen hier abgedruckt.
Für Kollegen, die sich ihr Fixativ für Kreide- und
Kohlezeichnungen selbst anfertigen, sei noch hinzu-
gefügt, dass Schellack stets unter Wasser aufbewahrt
werden sollte, um das Unlöslichwerden des käuflichen
Schellacks zu verhüten. St.
Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipiig).
 
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