Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 16.1919-1920

DOI issue:
Nr. 11
DOI article:
Ist es heute noch möglich, mit vier Farben ein buntes Bild herzustellen?, [1]
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.36587#0065
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr, i i

Münchner kunsttechnische Blätter.

65

ander der Grosse war ihm besonders günstig und
wollte von keinem anderen Künstler gemalt sein. Sein
Tod erfolgte zu Kos, als er an einer Venus arbeitete,
welche alle früheren Malereien übertreffen sollte, von
der aber nur Kopf und Brust fertig wurde.
Eine der höchstgeschätzten Bilder des Apelies
war die „Anadyomene“. Als der römische Kaiser
Augustus das damals etwa 300 Jahre alte Gemälde zu
Rom im Tempel seines Vaters Cäsar aufstellen
liess, war es bereits schadhaft geworden und bedurfte
der Ausbesserung an den unteren Teilen der Hoiztafel.
Kein Künstler aber hatte den Mut, diese Arbeit zu
übernehmen. So bestätigte die Scheu der römischen
Künstler, ihre Hand helfend an dies Bild zu legen, die
Unübertrefflichkeit des griechischen Malers und das
Lob dieses Gemäldes ging von Geschlecht zu Geschlecht
über. Zeit und Missgeschick vertilgten aber die Werke
dieses grossen Meisters; auch gemalte Kopien nach
denselben sind entweder überhaupt nicht mehr vor-
handen, oder noch unerkannt geblieben. So karg aus-
gestattet, wird es uns bald unmöglich, über die be-
sonderen Eigenschaften seiner Kunst zu urteilen. Auch
schätzbare Ueberlieferungen durch alte Schriftsteller
geben uns doch Gelegenheit zu verschiedenen Mut-
massungen. Da man nun kein Stückchen eines Bildes
mehr hat, so muss man sich doch fragen: wie war es
denn möglich, dass den Malern, die sich fast unge-
messenen Beifalles erfreuten, nur vier Farben zu Ge-
bote gestanden haben sollen? Können wir hier den
Aussagen Plinius wirklich Glauben schenken?
Es ist doch nicht gut denkbar, dass das Volk der
Hellenen, die in allen Zweigen der Kunst Bewunderungs-
würdiges leisteten, einen unentwickelten Sinn für Farbe
gehabt haben sollten.
Es gab Gelehrte, die allen Ernstes behaupteten,
die Griechen seien blaublind gewesen. Sie hätten die
blaue Farbe und die mit ihr verwandten Töne, wie
grün und violett, als solche nicht empfunden.
Gladstone war der erste, der mit dem Zweifel an
dem Farbenverständnis der Griechen hervortrat, in-
dem er nachwies, dass in der Entstehungszeit der
Homerischen Gedichte nur die lichtreichen Farben Rot
und Gelb scharf und deutlich benannt wurden. Die
Bezeichnung für Grün, Blau und Violett schwankend
waren.
Als dann später der Darwinismus aufkam, wurde
der Satz aufgestellt, die ältesten und älteren Völker
hätten anfangs nur Hell und Dunkel unterschieden,
dann die Fähigkeit erworben, Rot und Gelb als Farbe
zu empfinden und später erst das helle Grün erkannt.
Das Empfindungsvermögen für die lichtschwachen Far-
ben, Blau und Violett, träte zuletzt auf, so dass die
Richtigkeit dieser Annahme zugegeben, die Stämme
nunmehr vorgeschrittener Völkerschaften blaublind ge-
wesen seien.
Liegen nun aber diesen falschen Ansichten keine
bestimmten Unterlagen zugrunde, so muss man doch
annehmen, dass ein Volk sich keiner Farbe zum Schmuck
bedient haben wird, wenn es sie nur als ein freudloses
Grau empfand. Die Ursache, dass dieses angenommen
wurde, liegt jedenfalls darin, dass in den alten Schrif-
ten immer nur von einem ewig blauen Himmel und in
einer immer grünen Natur gesprochen wrurde, alle an-
deren Farben blieben unerwähnt.
Von der Porträtmalerei der Griechen ist oft und
viel in alten Schriften die Rede und auf Grund der
pompejanischen Wandgemälde und der Vasenbilder
vermuteten die Fachgelehrten, dass ihre Porträts vom
Hässlichen und Unähnlichen nicht weit entfernt ge-
wesen seien. Natürlich konnte es nicht ausbleiben,
dass man diese Schlüsse aber zu Unrecht auch auf
die übrige griechische Malerei zog.
Wer sollte aber in diesem Streite entscheiden?
Doch nur die Bilder selbst aus jenen Zeiten. Diese

aber waren verschwunden und kein Pröbchen alter
Staffeleimalerei war weder in Athen noch in Rom auf-
bewahrt worden.
Aber es war doch möglich in diesem Streite ent-
scheiden zu können, denn es wurden uralte Porträt-
bildnisse zutage gefördert, aus denen man ersehen
kann, wie die Alten porträtierten, wie sie die Farben
behandelten, wie sie sowohl mit Wachs- als auch
mit Temperafarben malten.
Bei den alten Aegyptern wurden diese Porträt-
bildnisse zu Totenverehrungen verwendet, die am Kopf-
ende der Mumie aufgestellt wurden. Bekannterweise
wurde aber bei den Griechen die Porträtmalerei in
ganz hervorragender Weise ausgeübt und die Aehn-
lichkeit, die individuelle Wiedergabe der abgebildeten
Person als wesentliche Eigenschaft eines lobenswerten
Porträts galt und nicht etwa technische Geschicklich-
keit oder ausgeklügelte Farbengebung bedingte. Aus
diesem Grunde konnte letzteren die herkömmliche
Form des Porträts Verstorbener der Aegypter nicht
gefallen und waren sie nach Plutarchs Aussage der
Ansicht, dass Maler, die schön und reizend Personen
abbilden, kleine Fehler, die sich bei diesen vorfinden,
weder ganz weglassen, noch auch ganz genau darstellen,
weil man in letzterem Falle ein hässliches, im ersteren
aber ein ähnliches Bild bekommen würde. Also hier
musste die Retouche ihr möglichstes tun, damit das
Bild dem Besitzer gefiel und daraus erklärt sich wieder
andererseits die hohe Gunst, in der die altgriechische
Porträtkunst stand.
Betrachten wir den Farbenkasten eines Malers
und die Farbenprospekte einer Farbenfabrik von heute
mit ihren 33 und mehr Abstufungen ihrer Farbentöne,
so müssen wir uns immer wieder fragen, wie konnte
es doch möglich sein, dass Apelies mit nur vier Far-
ben den ausgebildeten Schönheitssinn der Griechen
gefangen nehmen konnte?
Das Rätsel ist nun jetzt gelöst, Apelies und Plinius
sind gerechtfertigt, denn mit dem gut vor zwei Jahr-
zehnten erfundenen Vierfarbendruck lassen sich die
wirkungsvollsten Gemälde herstellen.
Also mit nur drei Farben, einem Chromgelb, einem
Krapprot, einem Kobaltblau ist jegliche gewünschte Far-
benabstufung vom tiefsten Schwarz bis zu dem zar-
testen Hauch der feinsten gebrochenen Töne zu er-
zielen. Was nun früher auf 20 und mehr lithographi-
schen Steinen auf mühsame Weise erzielt worden ist,
das wird heute mit drei Platten leicht hergestellt.
Wir sind also wieder bei den vier Farben angelangt:
Gelb, Rot und Blau, das Weiss gibt das Papier, wo-
rauf die Bilder gedruckt werden. So können also
doch mit vier Farben auf dem Wege der Chromolitho-
graphie die wirkungsvollsten Bilder buntfarbig herge-
stellt werden.

Verlag der Werkstatt der Kunst E. A. Seemann in Leipzig

Atelier
Hans Licht
Berlin-Charlottenburg
Kantstrasse 89
Vollständ. künstlerische Aus-
bildung von den ersten Ein-
führungen in d. Technische u.
in den Geist des künstlerisch.
Schaffens bis zu selbständi-
ger Kunstausübung u. künst-
lerischer Reife. Jährlich 2 Stu-
dien - Reisen. — Prospekte.

Großer
Kunstverlag
erwirbt
Platten von
Radierungen
zu günstigen
Bedingungen
Offerten unter „Graphik 267"
an die Werkstatt der Kunst,
Leipzig, Hospitalstraße 11a
erbeten
 
Annotationen