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Deutscher Museumsbund [Mitarb.]
Museumskunde: Fachzeitschrift für die Museumswelt — 8.1912

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Thurnwald, Richard: Über Völkerkundemuseen, ihre wissenschaftlichen Bedinungen und Ziele
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https://doi.org/10.11588/diglit.70501#0218

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210 Thurnwald, Über Völkerkundemuseen, ihre wissenschaftlichen Bedingungen und Ziele.

sehen, daran knüpfen sich auch alle die übrigen Erscheinungsformen des menschlichen
Lebens, die wir als soziale und wirtschaftliche zu bezeichnen pflegen. Besondere
Kriterien werden in dieser Abteilung die Etappen in der Verwendung physikalischer
Maschinen (Keil, Rolle, Hebel, Welle, Flaschenzug u. dgl.), die Fähigkeit rechne-
rischer Bewältigung von Mengen, Rechenkünsten u. dgl., die Kenntnis der Zu-
sammenhänge in der Natur ihrer Umgebung (Darstellung von Ansichten über Sterne,
Wolken, Erde, Meer, Mineralien, Pflanzen, Tiere), die Verwertung dieser Kenntnis
bei der Bereitung der Nahrung, von Rohstoffgewinnung und Verarbeitung (Spinnerei,
Weberei, Töpferei, Steinbearbeitung, Metallschmelze u. dgl.), dieTheorie, welche sich
in Spekulationen über Zusammenhänge ausdrückt und vorwiegend in Symbolen oder
Zaubereien zum Ausdruck kommt.
b. Die Abteilung »Kunst« müßte verschiedenerlei bieten: I. die Verbindung der
ursprünglichen Kunst mit anderen Gebieten, wie mit der Mitteilungsbetätigung, die
schließlich zur Schrift (Buschmannzeichnungen, die Bildergeschichten von Palau,
die mexikanische Bilderschrift) abzweigte, oder mit dem Zauber, mit religiösen Vor-
stellungen zusammenhängt, endlich das rein spielerische Verzieren von Gegen-
ständen, und die Art wie sich daraus das eigentliche selbständige Kunstwerk ge-
bildet hat (Übergang von der Ausschmückung zum selbstständigen Kunstwerk).
2. Andererseits aber müßte sie eine Vergleichung des Schönheitsbegriffes bieten
bei verschiedenen Völkern.
3. Müßte sie die verschiedenen Formen der darstellenden Kunst, Zeichnung,
Malerei, Schnitzerei, Skulptur und Plastik gesondert verfolgen und gruppieren.
4. Müßte sie die technische Bewältigung, eine rein intellektuelle
Leistung, zur Darstellung bringen und zwar sowohl in der Art der geistigen Um-
setzung zur künstlerischen Auffassung und zum Entwurf (z. B. Entwicklung der
Perspektive), in der Kombinationsfähigkeit und Gruppierung, wie auch in der Be-
wältigung der technischen Hilfsmittel der Darstellung selbst, wie z. B. Farbe, Werk-
zeuge bei der Plastik u. dgl. m., endlich in denjenigen Elementen, die überhaupt
gedächtnismäßig für den künstlerischen Ausdruck behalten wird.
5. Es wäre weiter zu verfolgen, welche Objekte Gegenstand künstlerischer
Darstellungen sind.
6. Die Abteilung müßte zeigen, wie sich der Schönheitsbegriff an verschiedenen
Objekten entwickelt, wie an: a) der menschliche Figur, b) Tieren und Pflanzen, c) der
Landschaft, d) Gruppen und Kombinationen von Menschen, Tieren, Pflanzen und
Landschaft.T)
7. Käme die Verfolgung gewisser einfacher Ornamente in Betrccht und ihre
oft sehr verschiedenen Zusammenhänge mit Umrissen der Außenwelt, sei es, daß
sie aus der beabsichtigten Nachahmung solcher hervorgegangen sind, sei es aus
r) Zu den angeführten Punkten darf ich vielleicht auf meine Ausführungen über Zeichnungen von
Eingeborenen verweisen in der Z. f. angewandte Psychologie 1912.
 
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