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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 52.1931

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Sponheimer, Meinhard: Zur Bezeichnung der Gerichtsbarkeit in spätmittelalterlichen Urkunden
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https://doi.org/10.11588/diglit.62032#0095
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Zur Bezeichnung der Gerichtsbarkeit
in spätmittelalterlichen Urkunden.
Von
M. Sponheimer-Koblenz.
Die deutsche verfassungsgeschichtliche Forschung hat die Probleme der
Gerichtsbarkeit im Mittelalter, insbesondere die Aufgabe, die Stufe der hohen
Gerichtsbarkeit in ihr als Ferment der Landeshoheit herauszustellen, zumeist
nur bis zu dem Zeitpunkte verfolgt, zu dem von einer ausgebildeten Landeshoheit
unbestritten die Rede sein kann. Mit einigem Grund darf man annehmen,
dass die von H. Hirsch für die vorausgegangene Zeit nachgewiesene Scheidung
der hohen Gerichtsbarkeit in Sühne- und Blutgerichtsbarkeit nunmehr seit dem
13. Jahrhundert zum Schwinden verurteilt gewesen ist1); in der so neugewonnenen
Einheit hat dann die hohe Gerichtsbarkeit, kaum noch einer weiteren Verände-
rung fähig, im mittelalterlichen Staate fortbestanden. So mag es in gewisser
Hinsicht überflüssig erscheinen, wenn der Verfasser im folgenden auch für das
spätere Mittelalter, ausgehend von einem kleinen Ausschnitt der westdeutschen
Landesgeschichte, den Inhalt von Formeln auf ihre territorialgeschichtliche
Bedeutung prüft, die die Gerichtsbarkeit zum Gegenstand haben. Vielleicht
kommt aber einer solchen Untersuchung insofern noch einige Bedeutung zu,,
als in einer Reihe von aufzuführenden Beispielen gerade die Formel, von der
der moderne Ausdruck „hohe Gerichtsbarkeit“ seinen Namen erhalten hat,
keineswegs einen dem letzteren Begriff entsprechenden Inhalt zu decken scheint.
Das Gebiet zwischen Taunus, Lahn und Rhein im westlichen Nassau,
vormals mit dem Gaunamen Einrich bezeichnet, wies noch bis in den Ausgang
des 18. Jahrhunderts eine Zersplitterung auf, ähnlich der der rheinpfälzischen
Länder. Die alte Gaugrafschaft Marienfels war als Kondominium mehrerer
Linien der Grafen von Nassau und von Katzenelnbogen unter dem Namen
Vierherrengericht erhalten geblieben, von allen Seiten aber durch ältere und
jüngere Neubildungen und Erwerbungen der Nachbarn eingeschränkt worden.
Zu einer älteren Schicht in der Entstehung der Landeshoheit ausserhalb dieser
Grafschaft gehören das mainzische Territorium um Oberlahnstein sowie die
prümischen Vogteien, deren Ausscheiden aus der Grafschaft auf die Immunität
der noch in karolingischer oder ottonischer Zeit entstandenen geistlichen Grund-
herrschaften zurückzuführen ist. Der Landstreifen am Rheinufer zwischen Kaub
und Osterspai, den wir zu Beginn der Neuzeit teils in katzenelnbogisch-hessischem,
teils in trierischem Besitz sehen, bat verfassungsgeschichtlich eine weniger
’) Hans Hirsch, Die hohe Gerichtsbarkeit im deutschen Mittelalter. Prag 1922 S. 179 11'.
NASS. ANNALEN, B<1. L1I. II. Heft. 6
 
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