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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 54.1934

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Wagner, Paul: Neue Untersuchungen zur älteren Geschichte Nassaus und des nassauischen Grafenhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.62286#0212
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186

Wagner

I. Die Erwerbungen der Grafen von Nassau im Taunusgebiet
1. Burg Idstein und Vogtei Bieidenstatt
Die Frage, auf welchem Wege und zu welcher Zeit die Grafen von Nassau
in den Besitz von Idstein und der Vogtei des Klosters Bieidenstatt gelangten,
war für die Geschichtsschreiber Nassaus im vorigen Jahrhundert, soweit sie
sich mit Problemen befaßten, nicht schwer zu beantworten. Gestützt auf die
Bleidenstatter Traditionen, kam Chr. D. Vogel zu der Meinung, daß die
ersten bekannten Grafen von Nassau zu Ahnen die alten Gaugrafen des
Königssunderngaus hatten und, indem er — allerdings ohne weiteren Grund —
annahm, daß letztere auch Vögte des Klosters Bieidenstatt und Besitzer von
Idstein waren, folgerte er, daß die Nassauer auf dem Wege des Erbgangs zu
diesem Besitz gelangten.1 Seiner Ansicht schloß sich Schliephake an2, und
so ist diese seitdem Gemeingut der nassauischen Geschichte geblieben.
Seit sich indes herausstellte, daß die Bleidenstatter Traditionen eine
neuere Fälschung sind 3, kann man den Zusammenhang der Grafen von Nas?
sau mit den Grafen des Königssunderngaus nicht mehr aufrecht erhalten. Die
Erwerbung der Burg Idstein und der Bleidenstatter Vogtei durch Nassau muß
darnach auf einem anderen Wege erfolgt sein.
Die Grafen von Nassau erscheinen als Grafen von Laurenburg bekanntlich
zuerst im Anfang des 12. Jahrhunderts. 4 Ihr Stammsitz, die Laurenburg, liegt
an der unteren Lahn. Als Erben einer älteren Linie ihres Hauses waren sie
auch im oberen Mühlbachtale, in Miehlen, Lipporn, Strüth und Welterod, also
im Einrichgau, begütert. Am Ausgang dieses Tales erbauten die Brüder
Rupert und Arnold um 1120 die Burg Nassau, nach der sich ihr Geschlecht
seit 1160 nannte. Keine Spur weist darauf hin, daß dieses in den ersten Jahr?
zehnten des 12. Jahrhunderts auch bereits östlich der Aar im südlichen Teile
des Niederlahngaues, zu dem Idstein gehörte, oder im Klostergebiet von
Bieidenstatt Güter besaß.
Hier befand sich am Zusammenfluß der beiden kleinen Bäche, des Wolfs?
bachs und des Wörsbachs, das Dorf Wolfsbach, das noch im 15. Jahrhundert
als selbständige Gemeinde bestand, dann aber verschwand und dessen Gemar?
kung 1563 zwischen Idstein und dem benachbarten Dasbach aufgeteilt wurde.5
Der Ort lag zwar außerhalb der Terminei des Klosters, deren Grenzen in der
bekannten Beschreibung von 812 umschrieben werden 6, war aber dem Kloster?
bezirk benachbart, und früh mag hier das Kloster einen Hof besessen haben,
von dem man allerdings erst durch spätere Urkunden hört.7 Wenn am Ende
des 14. Jahrhunderts ein Einwohner an den Michaelsaltar der Bleidenstatter
Kirche Wachszins zu entrichten hat 8, so deutet gerade diese Abgabe auf alten
Besitz des Klosters, erworben zu einer Zeit, in der Abgaben in Wachs ent?
richtet wurden.9 Allerdings wird Wolfsbach in der Urkunde des Papstes
Lucius III. für Bieidenstatt von 1184, Februar 21, in der er den Besitzstand des
Klosters bestätigt10, nicht mitaufgezählt, aber die Aufzählung ist doch wohl
nur als eine summarische, allein die wichtigeren Besitzungen des Klosters ent?
haltende zu betrachten, nicht wie die eines Urbars, in dem jedes einzelne Be?
sitzstück aufgeführt wird.
In der Gemarkung von Wolfsbach ist auf einem von den zuvor genannten
Bächen umschlossenen Felsen im 11. Jahrhundert eine Burg erbaut und ver?
mutlich nach ihrem Erbauer Eticho, einem uns sonst unbekannten Herrn,
Etichenstein, Etchenstein, Idstein, genannt worden.11 Sie wird in einem am
Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts zusammengestellten Verzeichnis
der Lehensleute des Klosters Bieidenstatt als Lehen des Grafen Adolf II. von
Nassau (1393—1426) bezeichnet.12 Zu welcher Zeit sie Lehen geworden ist,
weiß man nicht; gewiß nicht erst im 14. oder 15. Jahrhundert, vermutlich weit
 
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