Zur sozialen und wirtschaftlichen Lage des Bauerntums 35
führten, aus der sich dann leicht Erbleihen ergaben, so wird man doch auch
allgemein festhalten können, daß die freie Zeitleihe den Ansatz zur freien
Erbleihe bieten konnte. Wichtiger freilich als die Umwandlung aus der
freien Zeitleihe erscheint die aus der grundherrlichen Leihe. Wenn seit
dem 12./13. Jahrhundert ein Landstück, das bisher zu grundherrlicher Leihe
ausgetan war, frei wurde, dann war es schwierig, es wieder zu gleichen Be?
dingungen neu zu besetzen. Es ist die Zeit, in der wegen der Ostkolonisation
und der Städtegründungen die menschliche Arbeitskraft erheblich im Werte
stieg.10 Um die vorhandenen Kräfte zu halten, erst recht aber, um neue zu
gewinnen, mußte ihnen ein größerer Anreiz gegeben werden. Erblichkeit und
freie Nutzung waren das in weitem Maße.
Wichtiger als diese Umstände, die zur freien Erbleihe führten, sind an?
dere, die mit dem allgemeinen Zerfall der Grundherrschaft zusammenhingen.
Es gab zahlreiche Grundherrschaften, die wegen ihrer Zusammensetzung aus
Streuland nie zu einer geordneten wirtschaftlichen Einheit kommen konnten.
Das traf ganz besonders bei den geistlichen Grundherrschaften zu, deren
Gebiet sich oft vorwiegend aus Schenkungen zusammensetzte. Für diese Ge?
bilde war es das günstigste, die zu entfernt liegenden Ländereien, die doch
nicht recht beaufsichtigt werden konnten, in eine freiere Form der Leihe zu
geben. Für das später zu behandelnde Gebiet des Stifts Xanten ist das der
Hauptgrund für die Anwendung der freien Erbleihe.
Diese Notwendigkeit ergab sich jedoch nur bei solchen Grundherrschaf?
ten, die keine wirtschaftliche Einheit darstellten. Doch auch andere, in sich
geschlossene grundherrschaftliche Gebiete verfallen der Auflösung. Fragt
man hier nach den Ursachen, dann stellt man fest: nicht erst seit der Auf?
lösung der Grundherrschaften setzte die Verleihung von Land in größerem
Maße ein, diese Verleihung ist anderseits auch ein Grund dafür, daß sich die
Grundherrschaften auflösten.11
Das Gut, das zu grundherrlicher Leihe ausgetan ist, ist erblich geworden
und unterliegt der Erbteilung. Die Folge davon ist stärkste Zersplitterung
der Grundherrschaften. Dadurch können dann die persönlichen Leistungen,
die Fronden, die an die Güter gebunden sind, kaum noch beigetrieben Werden.
Anderseits sind die Zinsleistungen seit dem 10. Jahrhundert genauer be?
stimmt, wodurch der Grundherr von der weiteren Ertragssteigerung der aus?
geliehenen Güter keinen Vorteil mehr hat.
Als nun einmal die Entfremdung der Ländereien einsetzte, blieb auch das
Salland, also das Land, das in grundherrlicher Eigenwirtschaft war, von
dieser Entwicklung nicht frei.12 So finden sich im späteren Mittelalter neben
Höfen, die völlig der wirtschaftlichen Ordnung genügten, solche aufgelösten
Gebilde. Die Fronhöfe nehmen Rentencharakter an, das Land verliert seine
Gestalt als wirtschaftliche Größe, entscheidend wird die Rente, die es
einbringt.13
Recht häufig kommt es in unserem Gebiet vor, daß der Erbleihe ein Ver?
kauf des betreffenden Landstückes vorhergeht. Der ursprüngliche Eigentümer
verkauft sein Gut, erhält den Kaufpreis, verzichtet auf alle Rechte, die ihm
bisher zustanden. Dann gibt der neue Eigentümer das Gut dem bisherigen
Eigentümer zur Erbleihe. Verkauf und Verleihung hängen unlösbar zusammen.
Die Leihe ist, wenn auch nicht immer ausdrücklich, als Bedingung des Ver?
kaufes anzusehen. Dieser Vorgang spricht dafür, daß die Erbleihe mitunter
sogar dem Eigentum vorgezogen wurde. Der Grund zu diesen Verkäufen wird
in den allermeisten Fällen der Wunsch, zu Geld zu kommen, gewesen sein.
Es kann sich jedoch auch um solche Verkäufe handeln, die wegen des ge?
ringen Preises eher als Schenkungen aus religiösen Gründen anzusehen sind.
Das Gut blieb in der Nutzung des bisherigen Besitzers. Ein solcher Verkauf
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führten, aus der sich dann leicht Erbleihen ergaben, so wird man doch auch
allgemein festhalten können, daß die freie Zeitleihe den Ansatz zur freien
Erbleihe bieten konnte. Wichtiger freilich als die Umwandlung aus der
freien Zeitleihe erscheint die aus der grundherrlichen Leihe. Wenn seit
dem 12./13. Jahrhundert ein Landstück, das bisher zu grundherrlicher Leihe
ausgetan war, frei wurde, dann war es schwierig, es wieder zu gleichen Be?
dingungen neu zu besetzen. Es ist die Zeit, in der wegen der Ostkolonisation
und der Städtegründungen die menschliche Arbeitskraft erheblich im Werte
stieg.10 Um die vorhandenen Kräfte zu halten, erst recht aber, um neue zu
gewinnen, mußte ihnen ein größerer Anreiz gegeben werden. Erblichkeit und
freie Nutzung waren das in weitem Maße.
Wichtiger als diese Umstände, die zur freien Erbleihe führten, sind an?
dere, die mit dem allgemeinen Zerfall der Grundherrschaft zusammenhingen.
Es gab zahlreiche Grundherrschaften, die wegen ihrer Zusammensetzung aus
Streuland nie zu einer geordneten wirtschaftlichen Einheit kommen konnten.
Das traf ganz besonders bei den geistlichen Grundherrschaften zu, deren
Gebiet sich oft vorwiegend aus Schenkungen zusammensetzte. Für diese Ge?
bilde war es das günstigste, die zu entfernt liegenden Ländereien, die doch
nicht recht beaufsichtigt werden konnten, in eine freiere Form der Leihe zu
geben. Für das später zu behandelnde Gebiet des Stifts Xanten ist das der
Hauptgrund für die Anwendung der freien Erbleihe.
Diese Notwendigkeit ergab sich jedoch nur bei solchen Grundherrschaf?
ten, die keine wirtschaftliche Einheit darstellten. Doch auch andere, in sich
geschlossene grundherrschaftliche Gebiete verfallen der Auflösung. Fragt
man hier nach den Ursachen, dann stellt man fest: nicht erst seit der Auf?
lösung der Grundherrschaften setzte die Verleihung von Land in größerem
Maße ein, diese Verleihung ist anderseits auch ein Grund dafür, daß sich die
Grundherrschaften auflösten.11
Das Gut, das zu grundherrlicher Leihe ausgetan ist, ist erblich geworden
und unterliegt der Erbteilung. Die Folge davon ist stärkste Zersplitterung
der Grundherrschaften. Dadurch können dann die persönlichen Leistungen,
die Fronden, die an die Güter gebunden sind, kaum noch beigetrieben Werden.
Anderseits sind die Zinsleistungen seit dem 10. Jahrhundert genauer be?
stimmt, wodurch der Grundherr von der weiteren Ertragssteigerung der aus?
geliehenen Güter keinen Vorteil mehr hat.
Als nun einmal die Entfremdung der Ländereien einsetzte, blieb auch das
Salland, also das Land, das in grundherrlicher Eigenwirtschaft war, von
dieser Entwicklung nicht frei.12 So finden sich im späteren Mittelalter neben
Höfen, die völlig der wirtschaftlichen Ordnung genügten, solche aufgelösten
Gebilde. Die Fronhöfe nehmen Rentencharakter an, das Land verliert seine
Gestalt als wirtschaftliche Größe, entscheidend wird die Rente, die es
einbringt.13
Recht häufig kommt es in unserem Gebiet vor, daß der Erbleihe ein Ver?
kauf des betreffenden Landstückes vorhergeht. Der ursprüngliche Eigentümer
verkauft sein Gut, erhält den Kaufpreis, verzichtet auf alle Rechte, die ihm
bisher zustanden. Dann gibt der neue Eigentümer das Gut dem bisherigen
Eigentümer zur Erbleihe. Verkauf und Verleihung hängen unlösbar zusammen.
Die Leihe ist, wenn auch nicht immer ausdrücklich, als Bedingung des Ver?
kaufes anzusehen. Dieser Vorgang spricht dafür, daß die Erbleihe mitunter
sogar dem Eigentum vorgezogen wurde. Der Grund zu diesen Verkäufen wird
in den allermeisten Fällen der Wunsch, zu Geld zu kommen, gewesen sein.
Es kann sich jedoch auch um solche Verkäufe handeln, die wegen des ge?
ringen Preises eher als Schenkungen aus religiösen Gründen anzusehen sind.
Das Gut blieb in der Nutzung des bisherigen Besitzers. Ein solcher Verkauf
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