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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 59.1939

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Moeren, Egon: Zur sozialen und wirtschaftlichen Lage des Bauerntums im 12. bis 14. Jahrhundert
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IV. Kap. Die hofrechtliche Leihe
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https://doi.org/10.11588/diglit.62288#0075
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Zur sozialen und wirtschaftlichen Lage des Bauerntums

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IV. Kap. Die hofrechtliche Leihe
Die Ausgestaltung der hof rechtlichen Leihe vor dem hier behandelten
Zeitabschnitt war vorwiegend von dem persönlichen Belieben des Grundherrn
bestimmt. Die Lasten und Verpflichtungen waren noch nicht festgelegt. Da*
mit hing die soziale und wirtschaftliche Lage der so abhängigen Bauern von
allerlei schwankenden Umständen ab. Vom 12. bis zum 14. Jahrhundert ist
jedoch eine allgemeine Klärung eingetreten. Die Abgaben sind ziemlich genau
festgelegt, die persönlichen Lasten (Fronden) ganz oder doch zum größten Teil
durch Geld oder Bodenerzeugnisse abgelöst. Die freieren Leiheformen haben
auf die Gestaltung der hofrechtlichen Leihe ihren Einfluß ausgeübt, die
deshalb oft nur in geringem von diesen abweicht.
Urbare, Register u. ä., wodurch wir einen genauen Ueberblick über die
Lage der Grundherrschaften des Mainzer Gebietes bekommen könnten, sind
im Druck nicht vorhanden. Wir sind deshalb gezwungen, uns mit den viel
weniger zahlreichen Bemerkungen in den Urkunden und den Angaben der
Weistümer zu begnügen. Gerade die Weistümer sind ein Zeichen dafür, wie
die sozialen Verhältnisse der Bauern innerhalb der Grundherrschaft sich ver*
bessert haben. Rechte und Pflichten des Grundherrn wie der Bauleute werden
hier festgelegt. Ja teilweise war es so, daß die Hofherrn das Bedürfnis hatten,
sich ihre Rechte von ihren Bauern bestätigen zu lassen.1
Wenn auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Zinsgütern zurück*
getreten waren, so gibt es doch Kennzeichen, die die hofrechtliche Leihe dieser
Zeit entscheidend von den anderen Leihearten absondern. Es sind dies vor al*
lern: die Unterstellung unter das Hofgericht, bestimmte Abgaben bei Hand*
änderung, bei Todesfall, das sogenannte Besthaupt u. a.2 Jedoch nicht immer,
wo einzelne dieser Kennzeichen' auftreten, hat man es mit der hofrechtlichen
Leihe zu tun. Die hofrechtlichen Leihegüter konnten entweder der betr.
geistlichen Genossenschaft unmittelbar unterstehen oder einer Zwischenstelle
untergeordnet sein.3 Dieses letztere ist am meisten gebräuchlich. In den Weis*
tümern treten uns die verschiedenen Höfe der Mainzer Kirchen und Klöster
entgegen, die dieses fast völlig selbständige Zwischenglied abgeben. Der
Leiter der Höfe, der Meier, vertrat gleichzeitig den Grundherrn gegenüber den
Bauleuten. Seine Aufgaben waren es, die Gehöfer in ihr Land einzuweisen,
Bestand und Wirtschaftsführung zu beaufsichtigen, das Hofgericht abzuhalten
und schließlich die Abgaben einzuziehen.4 Diese führte er dann ganz, in
zahlenmäßig bestimmter Summe oder in einem bestimmten Anteil an den Hof*
herrn ab.5
Den Mainzer geistlichen Anstalten, für die das Land vorwiegend Grund*
läge von Renten war, kam es am meisten auf die pünktliche und vollständige
Einnahme der Zinsen an. Daher finden wir auch hier, wenn die Zinsen im
Rückstand bleiben, zahlreiche Bestimmungen, zu denen wieder Exkommuni*
kation, Ladung vor das Gericht, Veräußerung der eigenen Güter als Strafen
treten.6
Im allgemeinen hat sich bei den hofrechtlichen Leihen E r b 1 i ch k e i t
durchgesetzt; sie wird nur selten erwähnt, ist aber zu vollständiger Anwendung
gekommen.7 Daneben kommen aber auch festgesetzte Leihezeiten vor, wie
die Lebenszeit von mehreren Personen8, die sich aber tatsächlich von der Erb*
lichkeit nicht unterscheidet.
 
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