Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 59.1939

DOI article:
Henche, Albert: Die Karlsbader Konferenzen nach den amtlichen Berichten und den vertraulichen Briefen des Frh. von Marschall an den Herzog Wilhelm von Nassau
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62288#0087
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Karlsbader Konferenzen nach den amtlichen
Berichten und den vertraulichen Briefen des Frh. von
Marschall an den Herzog Wilhelm von Nassau.
Von Albert H en ehe.

Unsere Ausführungen 1 haben den Reiz einer persönlichen Stellungnahme
einer bekannten politischen Persönlichkeit, deren Wirken mit an erster Stelle
die Entstehung des Herzogtums Nassau zu verdanken ist. Hinzu tritt die Tat*
Sache, daß seither eine Veröffentlichung des Stoffes 2 nicht erfolgt ist, sodaß
auch der sachliche Gesichtspunkt den persönlichen ergänzt und nach mancher
Seite hin Neues von Belang vorgelegt werden kann. Interessant für das Ver*
hältnis'des Ministers zu dem Herzog3, für den Gang der wichtigen Karlsbader
Verhandlungen, für die Art Marschalls, politische Dinge und Erlebnisse mit
Tatkraft für die Interessen des nassauischen Staatslebens zu verwerten, das
— eben erst entstanden — vor allen Gefahren desto sorgfältiger geschützt
werden mußte, bietet unsere Veröffentlichung zudem auch noch eine Grund*
läge des Urteils über die zur Betrachtung stehende allgemeine deutsche Zeit*
geschichte4, die nicht länger übersehen werden sollte. Besonders gab die
nunmehr mögliche Benutzung des Großherzogi. Luxemburgischen Hausarchivs
die erwünschte Gelegenheit, seither nicht zugängliche Quellen in dem Brief*
wechsel Marschalls mit dem Herzog zu benutzen.5 Wir teilen den Stoff sinn*
gemäß in die beiden Hauptabschnitte der (1.) Berichte und der (2.) Briefe
ein, die wörtlich veröffentlicht werden.6

I.
Als nassauischer Verhandlungsführer bei den für ihre Zeit besonders
wichtigen Karlsbader Besprechungen, die ihren bekannten Niederschlag in den
sog. „Karlsbader Beschlüssen“ fanden, war vom Herzog Wilhelm 7 der Staats*
minister Marschall von Bieberstein entsandt worden. Seine Berichte an die
heimische Regierung, seine Briefe an den Herzog persönlich und manche von
ihm beachtete Zuschriften an Marschall von Personen, die in der Sache mehr
oder weniger interessiert waren (Amtsträger, Privatpersonen und Gerüchte*
macher) bilden den bemerkenswerten Stoff, aus dem sich der Minister das
Bild formte, aus dem ihm Vorstellung und Bekämpfung der Umsturzideen8
erstand. Wenn auch aus dieser Quelle ersichtlich wird, daß Nassau niemals
ernstlich eine Gefahr für die reaktionäre Politik der deutschen Fürsten gebil*
det hat, so ist doch unsere Veröffentlichung aus verschiedenen Gründen ge*
rechtfertigt. Sie beweist u. a., daß der alte Marschall trotz seines Bestrebens,
dem „wahren Bedürfnis der Untertanen“ zu dienen, jetzt doch von den frei*
heitlicheren Anschauungen 9 seiner Jugendzeit und auch der frischen Art seiner
tatendurstigen Realpolitik seiner besten Jahre abgerückt und in stagnierender
Doktrin und ängstlichem Bürokratengeist erstarrt scheint.10 Belangvoller er*
scheint uns, daß seine Tätigkeit sich nunmehr in Abhängigkeit — im Gegen*
6’
 
Annotationen