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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 59.1939

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Moeren, Egon: Zur sozialen und wirtschaftlichen Lage des Bauerntums im 12. bis 14. Jahrhundert
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II. Kap. Die Leihe zu Leibgewinn
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https://doi.org/10.11588/diglit.62288#0056
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Egon Moeren

hatten und es durch ihren Verzicht ermöglichen wollen, daß die übrigen Be#
händigten zur Nutzung des Leihegutes gelangen.53 Sehr beliebt scheint es zu
sein, eine neue Behändigung mit einer Steigerung des Zinses zu verbinden51,
wobei allerdings diese Erhöhung sich meist in mäßigen Grenzen hält.55
Sobald die Behändigung vollzogen ist, muß dem Stift mitgeteilt werden,
um welche Güter es sich handelt, wie hoch der Zins und an welchen Fristen
er zu zahlen ist. Geschieht das nicht, dann ist die Behändigung unwirksam
und ungültig.56 Man möchte hieraus schließen, daß die Behändigungen in
dem Oberhof vorgenommen werden und das Stift erst dann benachrichtigt
wird, wenn der Behandigungsvorgang abgeschlossen ist. Die Regelung, wie
und unter welchen Umständen die Erben verstorbener Behändigter das Leib#
gewinngut erhalten können, läßt jedoch vermuten, daß sich die Behändigung
vor dem Stift abspielte, zumal das Xantener Kapitel für den Vogt als den
Vorsitzer des Hofgerichtes bestimmte, daß die eigentliche Behändigung ihn
in keiner Weise etwas angehe.57
Das H o f g e r i ch t regelte die wirtschaftlichen Beziehungen der Laten
zum Hof und nur diese. Die rechtliche Stellung der Laten wurde davon nicht
berührt.58 Aber wenn auch das Hofgericht nur diesen Zweck hatte, so ver#
steht es sich doch, daß es in starker Weise die ihm Unterstehenden zu#
sammenschloß und gegenüber den anderen abhob, da es für die wichtigsten
Dinge, die die Laten betrafen, nämlich für alle Fragen, die ihr Leihegut an«
gingen, zuständig war. Eine ins Einzelne gehende Aufstellung der Aufgaben
dieses Hofgerichtes besteht nicht. Es war auch nicht möglich, eine solche
anzugeben. Das Hofrecht des Xantener Bischofshofes sagt einfach, alle
Dinge, die irgendwie die Güter des Hofes betreffen, müssen am Hoftage vor#
gebracht werden.59 An der Spitze des Hofgerichtes stand der Vogt. Die
Vogtei war aber nicht mehr als Lehen an einen Ritter oder größeren Herrn
vergeben, sondern war ein Amt des Stifts Xanten.60 Wie allgemein, so hatte
auch das Xantener Stift mit den Vogteien zu Lehen die schlechtesten Erfah#
rungen gemacht. In einer Urkunde heißt es, wegen des Wütens der Vögte
hätten die Ansässigen und „Wachszinsigen“ ihre Plätze fluchtartig verlassen
und die Aecker unbebaut zurückgelassen..61 Als das Xantener Kapitel 1222 zu
Obermörmter ein Gut erwirbt62, läßt es gleichzeitig den Vogt auf alle Rechte,
die ihm bisher zustanden, verzichten. Es wollte offensichtlich von vornherein
allen Auswüchsen vorbeugen.
1283 erwirbt es vom Ritter Wilhelm von Kervenheim die Vogtei des
Oberhofes Hönnepel zurück, die dieser als Lehen des Stifts Xanten trug.63
Durch diese Maßnahmen wurden die Leibgewinnleute sicher von manchen
Lasten befreit. Den großen Vögten lag es daran, ihre Leute für allerlei
persönliche Aufgaben einzusetzen und sie zu vielerlei Abgaben heranzuziehen.
In Vertretung des Vogtes konnte auch der Villicus des Oberhofes dem
Hofgericht vorstehen. Die Befugnisse des Vogtes beim Hofgericht werden
an einer Stelle so angegeben:61 advocatus curtis . . . cum latonibus scabinis
juratis . . . habet in cutte . . . judicare in latones et manuatos seu eotum he-
redes super manuum acquisitione sive usu . . . bonorum ad ipsam curtem spec-
tantium. Nach dieser Bestimmung könnte man meinen, nicht nur die Laten
(latones), sondern alle Behändigten (manuati) seien dem Hofgericht zuständig.
Aber dem widersprechen die quellenmäßigen Angaben, über die zu Anfang
dieses Kapitels berichtet wurde.65 Es ist deutlich ersichtlich, daß nur das Be#
handigungswesen und das, was mit der Nutzung der Güter zusammenhing, in
den Bereich des Hofgerichtes gehörte.
Daß dem Vogt das Behandigungswesen untersteht, bedeutet nach dem
Recht des Oberhofes Hönnepel66 nicht, daß er irgend etwas mit der eigent#
liehen Behändigung zu tun hat. Es betont besonders, die manuacio seu ma-
nuum institucio sei etwas, was außerhalb der Zuständigkeit des Vogtes liege.
 
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