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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 60.1943/​1948

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Schmidtm F.A.: Fürst Karl August und seine Bautätigkeit in und um Weilburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.62668#0074
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66 F: A. Schmidt

Fürst Karl August und seine Bautätigkeit
in und um Weilburg

Von F. A. Schmidt, Wiesbaden.

Als Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg am 27. Februar 1719 seine
Augen für immer geschlossen hatte, war mit ihm ein Mann von rastlosem
Streben und Schaffensdrang dahingegangen. Er war zwar nur ein kleiner Lan-
desherr, aber nicht in bequemem Nichtstun, in leichtfertiger Tändelei oder gar
in unsinniger Verschwendung und übler Prasserei wie viele seiner Standes-
genossen hat er sein Leben vollbracht: Als Soldat — er hat ‚es zum kaiser-
lichen Feldmarschall gebracht —, als Großhofmeister des Kurfürsten von
der Pfalz, als fürsorglicher Regent seiner rechts- und linksrheinischen Länder
mit den Residenzen Weilburg und Kirchheimbolanden, besonders aber als einer
der großen Bauherrn der Barockzeit hat er unermüdlich und nachhaltig ge-
wirkt. Aus seiner vielseitigen Tätigkeit sei hier nur die als Bauherr hervor-
gehoben; mit ihr hat er sich ein bleibendes Denkmal geschaffen.‘ Er hat das
Schloß seiner Väter zu Weilburg, den um einen Innenhof gelagerten vierflüge-
ligen Renaissancebau, im Inneren in dem Geschmacke der Zeit umgestaltet und
durch eine Reihe von Neubauten unter geschickter Anpassung an das Ge-
lände eine großzügige barocke Anlage geschaffen: Halbrunde Orangerie mit
Kuppelsaal, im Innern prachtvoll ausgeschmückte, hohe Saalkirche, drei-
terrassiger Lustgarten mit unterer Orangerie auf der einen Seite, Prinzessen-
bau, Marstall und Reitschule auf der anderen Seite um den „Viehhof“, dazu
noch Rentkammer- und Kanzleigebäude (1703—1713). Weilburg ‚selbst hat er
aus einer mittelalterlichen winkligen Kleinstadt zu einem Fürstensitz umge-
staltet, indem er den geräumigen Marktplatz mit seinen gleichartigen stei-
nernen Giebelhäusern, dem Rathaus und dem Marktbrunnen anlegte, die neue |
Schloßgasse schuf, eine Vorstadt (1701—03) mit einer abschließenden Tor-
anlage (1712) im Zeitgeschmack erbaute und auch sonst für Neubauten nach
vorgeschriebenem Muster sorgte. In seinen letzten Lebensjahren (1714—18)
ist unweit der Kirchhofsmühle der dreiflügelige Fachwerkbau des neuen Brau-
hauses und als Abschluß der ganzen Schloßbautätigkeit die Hof- und Lust-
schloßanlage des Windhofs unweit der Stadt erstellt worden, deren Vollendung
er freilich nicht mehr erleben sollte. Ueber 300000 Gulden hatte die Bauerei


Sein Baumeister war der Landhauptmann Julius Rothweil, der von De-
zember 1702 bis kurz nach des Grafen Tod in Weilburg das gesamte Bau-
wesen leitete, die Pläne entwarf und ihre Ausführung bis ins Einzelste über-
wachte. Die großzügige Anlage, der streng, ja oft steif wirkende, des Orna-
ınents fast bare Außenbau, die prunkvolle Gestaltung der mit reichen Stuck-
verzierungen geschmückten Innenräume sind sein Werk.

Johann Ernsts Sohn und Nachfolger war Graf, seit 1757 Fürst Karl
August (1719—1753). Während der Vater vorzugsweise Weilburg zu seiner
Residenz erkoren hatte und sich hier auch -meist aufhielt, soweit es Kriegs-
und Hofdienst zuließen, bevorzugte der Sohn seine linksrheinischen Lande
 
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