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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 5.1845

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Uebersicht der Kunstausstellungen in Zürich
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https://doi.org/10.11588/diglit.28556#0020
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Diese Uebersicht läßt uns einen Blick in das Kunstleben Zürichs, sowohl der jüngsten Vergangenheit als der
Gegenwart, werfen, der gewiß Stoff zu interessanten Vergleichungen und Betrachtnngen darbietet. Wenige Worte
genügen, dicseS näher zu beleuchten.

Allervordcrst in historischer Beziehung sehen wir, wenn man die Kunstverzeichnisse genauer durchgeht, welche
Veränderungen untcr den Künstlern selbst sich zugetragen haben. Eine ganze Gcneration von Künstlern und
Dilettantcn eilt an uns vorüber. Offenbar aber wird nach und nach ein frcisinniges kräftigeS Streben die Kunst
znm klaren Selbstbewußtscin bringen. Künstler und Dilettanten vereinigten sich hier gemüthlich und kräftig,
und wenn schon anfänglich den letztern nur im Anhange dcs Kunstverzeichnisses ein Platz angewiesen ward, wo
sie mit vielversprechenden Kunstjüngern zugleich auftreten dursten, wie z. B. Ao. 1801, da wir dcn Namcn
Ludwtg Vogel in solcher Gesellschast zum ersten Male lesen, so fehlt uns doch beinahe kein bedeutender Schweizer-
Künstlername bis in die jüngsten Zeiten, wo sich — weil AllcS schnell ins Ausland geht — sonst so wenig mehr
in künstlerischcn Bestrebungen kontrolliren läßt.

Uebergehend zu der Kunst selbst, bleibt Landschastsmalerei durchweg vorherrschend. Namen wollen wir hier
keine ncnnen, sie sind allgcmein bekannt. Daneben machte sich in den ersten Zeiten ein höchst anziehender poetischer
DilettantiSmus in reichcn Kompositionen geltend. Martin Usteri gibt unS ganze Reihcnfolgen von Zeichnungen:
Unscr Vater cincs Untcrwaldners (1801), Muttertreu wird täglich neu (1802), Malerleben (1805), Kindcsliebe
(1806). Hegi bringt die Ritterschaft des Mittelalters in 12 Blättern und an allegorischen Kompositionen Anderer
fehlt es nicht. Es folgt hierauf die Zeit größerer Kunstunternehmungcn, und manche, wie z. B. der Abschicd
Niklaus von der Flüe, dann auch die Ansichten der Schweizerseen und interessanter Bergpässe haben dicsen Aus-
stellungcn Anfänge, und wenn nicht immer große Erfolge, doch bedeutende Aufmunterung zu verdanken.

Uebergehcnd in unscre Zeiten, wurden Genrebilder, wie die sterbende Nonne, die durch Schneelauinen ver-
schütteten Reisendcn auf dcm St. BernhardSberge, Tells Kapelle und andere beliebt. Nun erscheinen größere
historische Bilder: Zwingli's Abschied, Winkelried; selbst die Genfer suchen die knkants cks UuiIIc:ume l'ell
in vaterländischen Gcschichten auf, und nur ein Luzerner Korrespondent der Allg. Zeitung erniedrigt sich, den
Schweizcrn Geschichtsmalcrei in Kunst und Stoff abzusprechen. Aber unscre Zeit ruft auch der Kirchengeschichte,
und theilnehmcnd und tolerant bietet die Kunst zu Allcm dic Hand. Versuche, die erhabensten Szenen zu schildern,
fehlen so wenig, alS bis anö Humoristische streifende Darstellungen aller Art.

Wir wollen nur Ergebnisse unsercr Ueberstchten andeutcn und überlassen Andcrn tiefcre Forschungen über
das Woher und Warum. Gewiß ist, daß auch diese Art von Statistik manchen Genuß verschafft. Diejenigen,
die gerne bloß bei den Zahlen blciben, werden lcicht herausfinden, wie vereinte Kraft stärkcr macht. 22 Verlosungen
an einem Orte brachten mit aller Mühe und Arbeit 21,000 fl. — in 22 Jahren — in Künstlerhände, und drei
Verlosungen, also nicht einmal der siebentc Theil von 22, brachten in 2—6 Schweizerstädten in drei Jahren übcr
12,000 fl. zusammen. Ebenso steigt im Verhältniß der Werth der Stücke, die angckauft werden können, wcnn nicht
kleine, sondern große Verlosungen stattfinden; so früher nur 6, nun über 10 Louis'dor das Stück im Durchschnitt.
Welche Ermuthigung für dcn Künstler und die Vereine, der Eintracht über alleS zu huldigen und kein Opfer zu
schcuen, die gemeinsamen Bestrcbungen zu fördern und zu hcben.

Doch wir endigen und wünschcn der Kunst und den Künstlern nebst diescr Eintracht immer einsichtigere und
kräftigere Thcilnahme in unserm theuern Vaterlande!
 
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