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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 28.1868

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I. Conrad Hitz. Eine biographische Skizze
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https://doi.org/10.11588/diglit.28615#0005
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Neben der geringen Vergütung für Wohnung und Verköstignng, welcke er aus den mühseligen Erüdrigungen
der Vorperwde zu decken wntztc, hatte Hitz auch die Verpflichtung üdernommen, die jüngern Schüler der Anstalt zu
beaufsichtigen. So ging es denn an ein freudiges Lehren und Lernen, und ein fühlbarer Fortschritt spornte jeweils
zu erueutem, rastlosem Studium. Die Oetgemälde des Meisters wurden in Aquarell kopirt und schlietzlich die Natur
zum unmittelbaren Vorwurf gewählt. fltach Zahr und Tag trat Hitz bereits mit etlichen nach der Natur gemalten
Aquarell-Porträts an die Oeffentlichkeit. Ju dieser Periode strebsamen Schaffens und beginnender Nerwirklichung
eines mit Beharrlichkeit verfolgten Lebensplanes fiel es unserem Frcunde doppelt schmerzlich, daß ihm die Theilnahme
des Vatersegens an dieser glücklichen Wendung seiues Geschickes versagt blieb. Schon zwei Jahre vorher hatte der
wackere Lehrer von Langnau das Zeitliche gescgnet.

Aber — das horazische:

„t^nlliita moi8 snilsal jmcke"

trifft nicht nur die Hütten armer Dorfschulmeister und die Paläste der Könige, sondern anch die Werkhalle des
Künstlers. Das erste Jahr unter Frcudweilers Leitung war kaum vollendet, da starb der Meister und hinterlietz
den liebgewordenen Schüler ncnerdings rath- nnd hilfios. Zn dicser Noth wandte sich Hitz an den Präsidenten der
Zürcher Künstlergesellschaft, den sinuigen und aemüthvollen Jdhllcudichter dNartin Usteri. Freundliche Versprechungen
hoben wieder den gesunkenen Muth des Verzagten; aber bald nberraschte ihn auch die Kunde vvn Usteri's Verscheiden,
ehe dieser noch an die Erfüllung seiner Zusicherungen denken konute.

Unähnlich jenen fügsamen Charakteren, welche sich einem feindseligen Geschicke nnt gebundenen Händen übergeben,
li. sich Hitz von den wicdcrholten Schlägen, die ihn geradc in den kritischsten Augenblicken seines Lebens trafen, nicht
erdrücken. Er hatte sich einmal die Pläne seiner Znkunft zurccht gelegt, nnd gerade im Kampfe gegen die Hindcr-
nisse, die sich ihrer Aussührnng in dcn Weg warfen, erstarkte sein Ntuth und seine Thatkrast. Er sühlte die Noth-
wendigkeit, sich auf die eigenen Fütze zn stellen, und mit dem Bcivutztsein einer nothwendigen Selbständigkeit gewann
er auch erhöhte Kraft, dem vorgesteckten Ziele trotz aller Hemmnisse »nd Fährlichkeiten nachzugehen. Ein Theil der
Schüler des seligen Freudweiter wendete sich an ihn; er gab ihnen Zeichnennnterricht nnd mit dem Ertrage seines
Lehramtes wutzte er der dringenden Noth zu stcueru Zndem fanden seine Aquarell-Porträts Anerkennung und die
Zahl der Bestellungen wuchs. Jn der Schule der Erfahrungen, die er durchzumachen hatte, lernte er auch die Kunst,
scine Bedürfnisse auf das beschcidenste Ntatz zurückzuführen, und so gelang es ihm wohl nicht ohne Entbehrungen
mancher Art — von seinem Vcrdienste so viel zu erübrigen, datz ihm schon nach anderthalb Zahren ein bescheidenes
Kapital zu Gebote stand.

So rückte allgemach die Mögtichkeit näher, einen längst gehegten Wnnsch zu verwirklichen. Zu jener Zeit ent-
wickelte sich bereits in München jenes reiche Kunst- und Künstlerleben, welches in der Vorliebe König Ludwigs !.
und seincr sürstlichen Munifizens dic mächtigste Förderuug faud und der Stadt in kaum einem Jahrzehend zu dem
berechtigten Rnf der Metropolc süddeutscher Kunst verhalf. Dahin hatte Hitz seine sehnsüchtigen Blicke gewendet,
und als ihm der Gewinn seincs nnermüdctcn Fleitzes halbweg ausreichend dünkte, gab er auch der Schweizer
'Heimat Valet.

Jm November 1828 kam cr nach München. Ein neuer Lebensabschnitt begann mit der Erkenntnitz der Noth-
wendigkcit cincs aller Praxis vorauszugehenden gründlichcn und systcmatisckcn Studiums. Trotz seiner dreitzig Zahre,
lietz sich nnser Freund als Zögling der Akademie aufnehmen, zeichnete nach der Antike und nach lebenden Modellen,
nnd lietz sich von dem Vorhandcnen und in der Schöpfung Begriffenen begeisternd anrcgen. Als die Sparpfennige
zu Ende gingen, fand fich auch Gelegenheit zu neuerlichem Verdienste. Seine Aquarellbildnisse öffneten ihm den Kreis
angesehener Familien und verhalfen ihm zu einer Empfehlung an die damalige regierende Königin Therese, welche
ihn mit dem Auftragc nach Biberich sandte, im dortigen herzoglichen Schlosse das Bild der Herzogin von Nassau,
ihrer vcrstorbenen Schwestcr, nicbt weniger als viermal zu kopiren. Der matenelle Gcwinn dieser Arbeit ward nach
der Heimkehr zu erneutcm Studium benutzt uud der längst gehcgten Sehnsucht, sich in der Oelmalerei anszubilden,
Rechnung getragcn. Er machte sich mit allem Eifer an das Kopiren von Bildern der königl. Gemäldegallerie und
verwerthete seine Erfahrungcn, indcm er ohne irgend welchen Anspruch auf Honorar, Porträte malte, lediglich nm
 
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