Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 33.1873

DOI Heft:
Maximilien de Meuron
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43124#0007
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Wenn die Neujahrsblätter cler zürcherischen Künstlergesellschaft zum grösten Theile nur Biogra-
phien solcher Schweizerkünstler enthalten, die in den Sammlungen unsers Vereines durch mehr oder
weniger zahlreiche Produkte ihres Talentes vertreten sind, so ist diess sehr begreiflich. Dadurch gestalten
sich dann auch diese Jahreshefte für jeden Besucher unserer Kunstsäle zu einem willkommenen Führer
durch dieselben. Wenn aber die Neujahrsblätter unserer Gesellschaft zugleich auch den Zweck haben
sollen, nach und nach eine Fundgrube zu bilden, aus der auch für die Geschichte der Kunst in der
Schweiz geschöpft werden kann, so muss der Gesichtskreis etwas weiter gezogen werden. Es darf dann
kein Schweizerbürger fehlen, dessen Pinsel, Kreide oder Grabstichel irgend etwas Namhaftes zu Stande
gebracht hat, auch keiner, der als Bildhauer oder als Architekt auf die Anerkennung und den Dank
der Nachwelt Anspruch machen kann.
Durchgehen wir aber die seit 1805 fortgeführte Reihe unserer Neujahrsstücke, so finden wir
leicht begreiflich eine überwiegende Anzahl Biographien von Zürcherkünstlern; daran schliessen sich
solche aus den Kantonen Schaffhausen, St. Gallen, aus der Urschweiz, aber- nur ein einziger aus Genf
und ein einziger aus Neuenburg. Und doch sind es gerade diese beiden letzten Kantone, aus denen
Künstler ersten Ranges hervorgegangen sind, Talente, welche eine eigene Schweizerschule geschaffen haben.
Unter den Neuenburgern nennen wir mit Stolz einen Leopold Robert, Aurele Robert, Charles Girardet,
Edouard Girardet, W. Moritz. Diese sollen und dürfen nicht vergessen werden. Besitzen wir auch in
unserer kleinen Gemäldesammlung nur von zwei der Genannten, von Aurele Robert und von Edouard
Girardet einige grössere Bilder, so gebietet uns die Rücksicht auf die hohe Stufe, welche die Landschaft-
malerei in der Schweiz einnimmt, nunmehr aus unserm Stillschweigen über die Leistungen der Meister
französischer Zunge heraus zu treten und unsere Lesern auch diese Männer vorzuführen. Möge dadurch
der eine oder andere Ostschweizer zu einem Besuche des Palais Rougemont in Neuchätel oder des Musee
Arland in Lausanne oder des Musee Rath in Genf ermuntert werden! Keiner wird es bereuen, die dort
auf bewahrten Schätze etwas genauer betrachtet zu haben und keinei’ wird diese Räume verlassen, ohne
den künstlerischen Schöpfungen in der Westschweiz alle Achtung zu zollen und ohne reichen Genuss
und Gewinn davon getragen zu haben.
Wenn wir uns von Zürich aus westwärts wenden, so werden wir zuerst von den Conducteurs
der Westbahn in französischer Sprache empfangen. Wir fliegen unter ihrer Obhut rasch an dem freund-
lichen Rebengelände des lieblichen Bielersees vorbei, um uns nach wenigen Minuten von dem pittoresk
aussehenden Neuenburgersee begrüssen zu lassen. Wie hübsch scheiden da die schwungvollen Conturen
des Jura den goldgerötheten Abendhimmel vom dunkelgrünen Tannenwalde des Berges, wie reizend
gruppiren sich die schmucken Villen an seinen Abhängen, wie lieblich liegen die zahlreichen Dörfer und
 
Annotationen