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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 33.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.43124#0025
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Friedrich Meyers sämmtliche italienische Bilder haben auch italienische, der Gegenwart ent-
nommene Staffage, deren Anordnung von richtigem Verständniss und deren Ausführung von gewissen-
haftem Fleisse zeugt. Seine letzten Bilder sind biblische Landschaften, zu denen sich von Italien aus
ein leichter Uebergang fand. Hier tritt die Staffage noch mehr hervor, indem sie — wie es in der Ab-
sicht dieser Arbeiten lag — auch biblische Gegenstände behandelt, deren Verarbeitungen noch in weit
höherem Masse ein eingehendes Studium erforderte. Besonders sind hier zu nennen: Petri Fischzug,
die Samaritanerin am Brunnen, der Gang der Jünger nach Emmaus, Jesu nächtliches Gebet auf
dem Berge, Compositionen, welche in landschaftlicher Beziehung den vier Tageszeiten: Morgen, Mittag,
Abend und Nacht entsprechen und als deren Haupteigenschaft stylvolle Haltung hervorzuheben ist.
Meyers Stellung unter den Malern italienischer Landschaften — denn hier lag wie schon be-
merkt der Schwerpunkt seines Talentes — lässt sich nicht besser charakterisiren, als durch seinen
eigenen Ausspruch, nach welchem er weder nach grossem Styl, noch nach besonderen Effekten strebte,
sondern einfach suchte die Natur, da wo ihm dieselbe malerisch erschien, treu wieder zu geben. Diese
Aeusserung ist auch der treue Spiegel seiner Richtung und ehrt sein Streben im höchsten Masse, denn
Styl und besondere Wirkungen durch Effekte irgendwelcher Art werden niemals ungestraft Hauptzweck
des Malers sein; sie werden sich im Gegentheile immer von selbst und immer am richtigsten da
ergeben, wo der Maler nur darauf ausging, seine eigensten Empfindungen mit allen ihm zu Gebote
stehenden Mitteln zu verkörpern.
Meyer fand bei Lebzeiten nicht diejenige Anerkennung, zu welcher ihn seine Arbeiten berech-
tigten. Die Gründe hievon sind verschiedener Art. Einer derselben ist die ihm eigene bescheidene
Zurückhaltung. Um so eher wird man es mit Freuden begriissen, wenn nach seinem Tode die seinen
Werken gebührende Stellung denselben in vollem Masse zu Theil wird.
 
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