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Künstler-Gesellschaft Zürich [Editor]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 34.1874

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Aurel Robert
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III.
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https://doi.org/10.11588/diglit.43125#0019
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13

Leopolds Klagen geantwortet, „macht sich viel um deinen Zustand zu schaffen, und doch scheint mir,
dass wer isst, wer trinkt und arbeitet wie Du, so unglücklich nicht sein kann; Du solltest das Deinem
Freunde sagen.“1) Zu Anfang seines venetianisclien Aufenthaltes hatte sich Leopold noch öfters in
grösseren Kreisen bewegt, bald aber sich gänzlich zurückgezogen. Sein Umgang beschränkte sich in der
Folge auf den Verkehr mit wenigen Vertrauten und seinem Bruder, mit dem er, wie ehedem, in gemein-
samer Arbeit weilte.
Man kann sich den Zustand vergegenwärtigen, in dem sich Aurel während dieser Zeit befand:
erfüllt vom tiefsten Weh, unfähig den Bruder zu retten und dennoch verpflichtet, bald scherzend, bald
mahnend den Muth zu heben, sah er unaufhaltsam das Verhängniss sich nahen. Am 20. März 1835,
auf den Tag zehn Jahre nach dem gewaltsamen Tode des Bruders Alfred, fanden auch Leopolds Leiden
in einer Katastrophe ihr Ende. Den ganzen Schmerz, das volle Entsetzen über den grauenhaft jähen Schlag
hat Aurel in einem Briefe ausgedrückt, den er dem treuesten Freunde, Herrn Marcotte, schrieb. Aber
ebenso deutlich spricht auch die Liebe darin, die er dem Bruder wahrte, der standhafte Muth und eine
unbegrenzte Gottergebung, mit der sich Aurel in das Unvermeidliche fügte.2)
Nicht länger mehr wollte Aurel an einem Orte weilen, an den sich für ihn so traurige Erinne-
rungen knüpften. Er begab sich zunächst zu den Seinigen nach La Chaux-de-Fonds zurück, wo er bis
zum folgenden Jahre in stiller Zurückgezogenheit weilte, hauptsächlich damit beschäftigt, eine Anzahl
von Werken des Bruders zu sammeln, die in Neuchätel ausgestellt werden sollten. Man beabsichtigte
dort, aus dem Ertrage dieser Ausstellung dem Verstorbenen ein Denkmal zu stiften, womit sich Aurel
indessen nicht einverstanden erklärte. Die Summe blieb somit unverwendet, bis sie im Jahre 1864, zur
Gründung des Leopold Robert-Museums in Neuchätel bestimmt, das Andenken des edlen Meisters in
schönster Weise verewigen half.
Die nun folgende Zeit im Leben Aurels entzieht sich leider einer eingehenden Besprechung. Wie
zahlreich die Werke und wie häufig die Reisen sind, die inzwischen unternommen wurden, die Nach-
richten fehlen, um ein Bild dieser rührigen Epoche zu gestalten. Zunächst, so scheint es, waren es die
pietätvollen Erinnerungen an seinen Bruder, welche seine ganze Thätigkeit bestimmten, denn aus der
Zeit seines zweiten Pariser Aufenthaltes in den Jahren 1836 und 1837 sind nur Copien nach Leopolds
Hauptwerken verzeichnet: die Schnitter, das Fest der Madonna del Arco und Leopolds letzte Composition,
die Fischer von Chiozza; ausserdem noch eine Wiederholung von Aurels früherem Bilde, das Atelier
seines Bruders. Dann, 'im Juni des Jahres 1838, entschloss sich Aurel, nach Italien zurückzukehren
und zwar nach seinem „geliebten Venedig“, wo er mit Unterbrechung eines einzigen Jahres, welches er in
der Heimat verbrachte, bis 1843 verblieb. Aus dieser Epoche stammen seine reichsten und glänzendsten
Arbeiten, vorwiegend architektonische Bilder, die ihm mehr und mehr die Gunst der höchsten Kreise
verschaffte. Zu den anmuthigsten dieser Leistungen gehört wohl eine innere Ansicht des Baptisteriums
von S. Marco, im Wagner’schen Museum zu Berlin. Der kleine Raum ist matt beleuchtet, aber wunderbar
farbig in dem Glanze kunstvoller Musive, welche die Wölbung, die Wände und selbst den Fussboden
schmückenn. In der Mitte steht der Taufbrunnen, an dem sich eben die hl. Ceremonie vollzieht. Ein
Priester, von seinen Gehülfen umgeben, segnet mit feierlicher Amtsmiene das Wasser, durch welches
der Täufling geweiht werden soll. Daneben stehen die Zeugen und eine prächtige Venetianerin, bereit

*) Bibliotheque Universelle, Bd. 42, pag. 66.
2) Feuillet de Conebes, pag. 259 u. ff. Bibi. Univ. Bd. 42, pag. 83 u. ff.
 
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