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Künstler-Gesellschaft Zürich [Editor]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 40.1880

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Bernardino Luini
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https://doi.org/10.11588/diglit.43131#0024
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Das an und für sich schon Abstossende des Vorwurfs wird in diesem Falle noch durch die en face-
Stcllung des Kopfes der Salome und die Art und Weise, wie sie das Haupt des Täufers präsentirt
— so wie etwa eine Kellnerin eine Schiissel darbieten würde — bedeutend erhöht. Interessant ist der
Vergleich mit einem Meisterwerke Pordenone’s im Palazzo Doria. Der Venetianer hat das Motiv dadurch
gemildert, dass die Schüssel seitwärts abgetont ist, und der Kopf der Salome, in Dreiviertel-Stellung
gesehen, sich von derselben abwendet. Im Hintergründe an der Architektur des Pordenone’schen Bildes
ist ein Amor angebracht, ähnlich wie auf dem Medaillon, welches die Salome Luini’s auf dem Madrider
Bilde auf der Brust trägt.
Wenn man zurückschaut auf die unerhörte Productivität des Meisters, wird man sich des Eindrucks
nicht erwehren können, dass bei seinen Tafelbildern manches fabrikmässig Schablonenhafte, dass selbst bei
seinen Fresken manche Atelier-Schülerarbeit mit unterläuft. Was auf Luini’s Werken von seinen Schülern
und Söhnen69) herrührt, ist heute nicht mehr zu ermitteln, aber offenbar ist, dass auch seine Durchschnitts-
leistungen noch auf die tüchtige Schule der Mailänder Akademie hinweisen. Seine guten Werke dagegen
werfen nicht selten das interessanteste Licht auf die Lehre Lionardo’s und beweisen die Tüchtigkeit
derselben auf das Beredteste. Lionardo vertritt als Künstler mehr die Theorie, Luini die Praxis;
Ersterer trug sich mit weltbewegenden Gedanken, Letzterer lebte nur der Malerei. Lionardo ist der
gewaltige Stamm, Luini einer von den vielen, schöne Blüthe tragenden Zweigen.
 
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