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Künstler-Gesellschaft Zürich [Editor]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 41.1881

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Ludwig Vogel, Kunstmaler von Zürich
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https://doi.org/10.11588/diglit.43132#0024
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einem wahrhaft pöbelhaften Ton von der Kunst müssen reden hören. Unser neues Mitglied Sutter hat
als Oesterreicher mitkonkurrirt und ein wirklich herrliches Bild ausgestellt, zwar ohne Schmelz oder
besonderen Farbenreiz, aber voll Seelenausdruck lind Geist. » Doch erhielt dasselbe, wie vorausgesehen,
den Preis nicht.
Ende September verliess Wintergerst Wien, wo er sich von Lektionengeben hatte erhalten müssen,
und gieng nach Baiern, in der Hoffnung, bei dem dortigen kunstliebenden Hofe Beschäftigung zu finden.
«Wir blieben,» schreibt Vogel unterm 10. Oktober 1809, «den letzten Abend und die ganze Nacht
beisammen und waren noch recht vergnügt, in der Frühe begleiteten wir ihn noch zu einem Postwagen
und schieden. Dieser ist nun unser erster Apostel, der ausgesandt ist, er ist aber auch mit dem festen
Vorsatz geschieden, für die gute Sache aus allen Kräften zu wirken. » Die Genossen setzten beim Abschied
noch ein Diplom ihres Ordens oder, wde sie es nannten, ihrer St. Lukasbruderschaft auf, in dem sich alle
Mitglieder mit ihrem Namen, einem Symbol und einem Gedenkspruch''Unterzeichneten. Wir theilen das
merkwüvdige Dokument in der Beilage mit.
Einem äusserst reichhaltigen Briefe vom 13. Februar 1810, in welchem Vogel sich über seine ganze
Auffassung des Kunststudiums ausspricht, entnehmen wir folgende Nachrichten: « Die Akademie ist zwar
seit einiger Zeit wieder geöffnet worden , aber aus Mangel an Holz (nicht an Geld, wie ein Professor
heftig bemerkte), werden nur zwei Zimmer geheizt, eins für die Mahler, eins für die Bildhauer, kein
Modell steht nicht. Da wurden Alle, die die Herren eines Platzes würdig fanden, besonders vorgerufen,
worunter von den elendesten Schmierern waren, meiner Freunde Pforr und Overbeck Nähme sowie meiner
wurde übergangen, und nachher gab man uns deutlich zu verstehen, dass es darum geschehe, weil wir
uns nicht in ihr Manierjoch schmiegen wollten und weil wir (gottlob) Ausländer wären. Wir wollten
nicht die Speichellecker machen, Sutter und Hottinger, die als alte Schüler Plätze hatten, resignirten
nun auch, und es ward beschlossen, dass wir in unserm Zimmer uns wollten ein Modell halten; wir
fanden bald einen ungarischen Grenadier — — nur ist es fatal, dass diese Ungarn so entsetzlich träge
sind und bald kommen, bald ausbleiben. Auch ist nur dreimal in der Woche Akademie und diese Abende
benutze ich dann die Bibliothek. »
Das also ist « die Relegation » der Kunstgenossen von der Akademie, von der in manchen Abrissen
der neuern Kunstgeschichte zu lesen ist. Vogel hat zu einem solchen Missverständniss keine Veran-
lassung gegeben, denn die von ihm inspirirten Biographen52) stellen den Sachverhalt sämmtlich
richtig dar. Dagegen waren jetzt für die Freunde natürlich die Verhältnisse an der Akademie sehr
gespannt geworden, und da diese ihnen Nichts mehr bot, so ergab sich daraus für Pforr, Overbeck und
Vogel ganz von selbst der Schluss, Wien zu verlassen und die längst in Aussicht genommene Reise
nach Italien anzutreten.
Als Reisegefährte wünschte sich ihnen Hofrath Bül anzuschliessen, was bei seiner vielseitigen Bildung
für die jungen Künstler von grossem Gewinn gewesen wäre. Bül wurde aber länger als er gerechnet
in Wien festgehalten. « Es wäre ein Glück gewesen, mit so einem Manne zu reisen. » Dagegen ermög-
lichte Papa Vogel, dass Konrad Hottinger sich den drei Freunden anschliessen konnte, welche in dem
aufgeweckten Karrikaturcnzeichner bereits den «Deutschen Hogartkt erblickten. Auf Anfang Mai machte
man sich reisefertig. Noch im letzten Moment drohte aber der Plan in die Brüche zu gehen oder doch
eine unliebsame Verzögerung zu erfahren. Overbeck’s Vater, der als Geschäftsträger seiner Vaterstadt
n Paris war, untersagte seinem Sohn, zu dieser Jahreszeit nach Italien zu reisen oder rieth ihm,
 
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