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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 41.1881

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Ludwig Vogel, Kunstmaler von Zürich
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https://doi.org/10.11588/diglit.43132#0007
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Kunstmaler von Zürich,

Die glorreiche Geschichte der Eidgenossen rief seit dem XV. Jahrhundert auch in unserm Lande
eine lebhafte litterarische Thätigkeit hervor. Eine Reihe von Männern griffen zur Feder, um die
Ereignisse aufzuzeichnen, von denen sie als Theilnehmer, als Zeitgenossen oder durch die Ueberlieferung
der altern Generation Kunde hatten. An diese, in Chronikform gehaltenen Erzählungen der Zeitereignisse
reihten sich im XVI. Jahrhundert ausgreifende historische Ueberblicke, umfassende Geschichtsdarstellungen;
und so entstunden — unter dem bestimmenden Einfluss der wieder auflebenden Vorbilder des Alter-
tlmms — die in ihrer Art klassischen Geschichtswerke eines Tschudi, Bullinger, Campeil und vor Allem
eines Vadian und Stumpf.
Auch die künstlerische Darstellung bemächtigte sich bald dieser Stoffe, sowohl durch die Verskunst,
als auch durch die zeichnenden Künste. Allein Nichts was in der einen oder andern Richtung auf uns
gekommen, überschreitet das Maass des Handwerklichen. Eine wirklich künstlerische Schilderung geben
weder die Schlachtlieder des XV. und XVI. Jahrhunderts — kaum Niklaus Manuels Lied auf den Sturm
zu Bicocca ausgenommen — noch die Gemälde und Holzschnitte dieser Zeit. Die bedeutenderen Maler
wandten sich damals überhaupt gar nicht der Illustration der Zeitgeschichte zu, sondern griffen aufs
Alterthum und seine Ausläufer, die mittelalterlichen historischen Legenden zurück. So liess Holbein
(oder sein Auftraggeber) bei Ausmalung des Basler Grossraths-Saales (1521 ff.) die so reiche und ruhm-
volle vaterländische Geschichte völlig bei Seite, um aus dem Griechischen und Römischen Alterthum
bekannte, aber weit entlegene Vorbilder der Gerechtigkeit, der Achtung vor dem Gesetz und anderer
Bürgertugenden zu holen; nach der Reformation aber wurden diese Gemälde durch biblische Geschichten
ergänzt. So entstund ein Zyklus von Bildern, die in der Geschichte der Deutschen Kunst eine hohe
Stelle einnehmen, aber keine Beziehung auf die einheimische Kultur haben.
Wo dagegen zeitgenössische Ereignisse zur Darstellung kamen, da war von vornherein gar nicht
das künstlerische Alotiv das leitende, sondern das lehrhafte. Man verlangte eine Illustration der Chronik,
die vollständige und verlässliche Uebersicht des Herganges, kurz eine Aufzeichnung, der unter Umständen
der Werth eines beglaubigten, offiziellen Dokumentes zukam. Daher man denn auch für grössere Dar-
stellungen solcher Art die bekannte mittelalterliche Manier beibehielt und zwei, drei oder auch noch mehr
aufeinanderfolgende Momente oder Episoden eines Vorganges neben, hinter und durcheinander zeichnete.
Damit war natürlich auf jede eigentlich künstlerische Auffassung Verzicht geleistet1). Auch die zahl-
reichen Szenen aus der Schweizer-Geschichte, die man im XVI. Jahrhundert auf Glasgemälden — meist
 
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