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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 48.1888

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Caspar Bosshardt
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I. Einleitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.43107#0009
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I. Einleitung.

ö®. ls der Künstler, von dessen Leben diese Blätter handeln, sich über die Wahl des Berufes ent-
schied, war in unsern Nachbarländern die bildende Kunst von einer mächtigen Bewegung erfasst.
Ihre Vertreter strebten, von der allgemeinen Stimmung getragen, nach dem Wiedergewinn einer Bliithe,
die in vergangenen Jahrhunderten bewunderungswürdige Entfaltungen zu Tage gebracht hatte.
Ein Künstler! An der Bezeichnung haftet allezeit ein guter Klang. Damals aber erschien er
besonders wohltönend. Noch lag darin, mehr als jetzt, in mancher Vorstellung der Inbegriff nicht
sowohl einer «freien » Berufsart als der bevorzugten Berufung zu idealem Schaffen und zu unüberseh-
baren künftigen Schöpfungen des Berufenen. Ähnliches, wenn auch dunkel, mochte unserem Kunst-
jünger vor der Seele geschwebt haben.
Indess im Leben, wie in der Kunst, ist die Zahl der Auserwählten, welche die höchsten Stufen
des Erfolgs ersteigen, verhältnissmässig klein. Dies schliesst aber nicht aus, dass der Kunstbeflissene,
seinem innern Zuge gehorsam, sich selbst das Höchste zur Richtschnur nehmen dürfe. Für die gewöhn-
liche Schätzung bemisst sich der Erfolg nach der äusserlichen Wirkung und dem davon abhängenden
volkstümlichen Einfluss. Bei einer unbefangenen dagegen fällt schon der Gehalt des ernsten Schaffens
ins Gewicht und zwingt dem Beurteiler die gerechte Würdigung ab. Der Werth richtet sich also
nicht bloss nach dem, was wirklich erreicht, sondern auch schon nach dem, was mit der ganzen Hin-
gabe erstrebt wird.
Auf den Maler C. Bosshardt angewendet, lässt sich in Wahrheit sagen: Er hatte eine ausgesprochene
Begabung, verfolgte ein edles, hohes Ziel mit andauernder Begeisterung, gründlichem Fleiss und unab-
lässiger Beharrlichkeit. Wenn sich das Wollen durch das Vollbringen nicht immer gänzlich gedeckt
fand, so hat der Künstler unter der zurückgebliebenen Erfüllung des eigenen Ideals am meisten gelitten,
aber sich dadurch nie entmuthigen lassen. In der That schuf er anerkennenswerte Werke, für welche
die wirkliche Anerkennung auch nicht ausblieb.
Indem die Zürcherische Künstlergesellschaft als Gegenstand ihres diesmaligen Neujahrsblattes die
Beschreibung des Lebens von C. Bosshardt wählte, bisheriger Übung getreu, vaterländischen Künstlern,
welche der engern und weitern Heimat zur Förderung und Zierde gereicht haben, ein Gedächtniss zu
stiften, schwebte ihr zugleich der Wunsch vor, in dieser von einem Jugendgenossen des Künstlers ver-
fassten Skizze den zurückgelassenen Anhängern und Freunden Bosshardts eine wohl nicht unwill-
kommene Gabe zu bieten.
 
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