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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 48.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.43107#0049
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Ende dieses schweizerischen Volkshelden hatte die Jahrhunderte hindurch sich aus dem Volksgedächtniss
nicht verloren. Das Thema war auch effectvoll componirt, der Gegenstand mit Geist und Geschick
behandelt. Mit seiner malerischen Technik nahm das Bild den Beschauer vollends gefangen. Es verrieth
die Düsseldorfer Schule, welche Manchem bisher unbekannt geblieben war, und that darum auch als
Neuheit seine Wirkung. Die darin hervorstechende Eleganz der Form vertritt gegenüber Ludwig Vogels
vollkräftiger Gestaltungsart einen merklichen Unterschied.
Bei der Beurtheilung dürfen indess einzelne Schwächen dieses Erstlingswerkes gerechter Weise
nicht übergangen werden, ohne sie über Gebühr dem Künstler in seiner Antrittsrolle in Rechnung zu
bringen. Im Allgemeinen leidet es an einer allzu ungleichen Behandlung seiner Bestandtheile. Der
Zwischenact dieses Abschieds wird malerisch erst recht verständlich durch ausreichendes Andeuten
der Bindeglieder. Hievon hätte zur gemeinfasslichen Vorstellung der Begebenheit noch etwas mehr
beigebracht werden können. Das Hauptinteresse, figürlich und coloristiscli, ist vielleicht doch zu stark,
auf den schmucken Bürgermeister verlegt. Sehr gelungen sind aber der knieende jüngere Mitgefangene,
welcher sozusagen die Zukunft vertretend, den Segen Waldmanns empfängt, ferner der an Waldmann
gelehnte greise Gefährte und der Beichtiger Erhard. Wie überliefert ist, soll Waldmann zu diesem
Todesgang das vergüldete Ritter-Halsband umgelegt haben. In der gewählten Ausschmückung und
Bekleidung möchte jedoch mehr gethan sein, als Verhältnisse und Umstände mit sich brachten8). Es
ist in der ausgesuchten Haltung noch Einiges von dem Pathos der damaligen sentimentalen Düsseldorfer
Stimmung. Bosshardt war unbefangen genug, um in reiferen Jahren willig anzuerkennen, dass die
grosse Wirkung seines Jugendwerkes nicht ausschliesslich dessen innern Vorzügen, sondern ebenso sehr
den begleitenden Umständen zuzuschreiben sei.

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So war jetzt der junge Künstler gewissermassen der Löwe des Tages geworden. Hiebei kam ihm
Erscheinung zu statten. C. Bosshardt galt mit Recht für einen schönen Mann,
.lt, gut getragen, mit hellblondem gelockten Haar, rosiger Gesichtsfarbe und
passten ganz zum Künstler. Er gehörte auch als Mensch nicht zum gewölm-
treten hatte etwas Bestimmtes, Bewusstes, mit einem Worte: Charakter. Er
seinem eigenen Bedauern mit dem gewandt gesprochenen Wort auf vertrauterem
er mit dem geschriebenen9). Überhaupt liebte er, sich auszusprechen, ja zu
ei seine Ansichten und sein Wesen klar zur Geltung zu bringen und betrachtete
ter. Vielleicht ging seine Anlage zum Kunstbeobachter und Kunstkritiker
enden Künstler nur wenig nach. Wie der Künstler im Allgemeinen, war auch
ihkeit, besonders der Kritik gegenüber, nicht frei, ebensowenig zuweilen von
ras auf sich und von seinem Talent10). Er besass ferner ein starkes Selbst-
Selbstgefühl, allein ohne Überhebung oder Geringschätzung Anderer. Im Lob
erisch. «Es ist gut» oder «es ist ja recht gut» pflegte er gewöhnlich zu
eschützermiene liess ihm nicht übel. Sein lauterer und reiner Charakter, der
aftigkeit seiner zuverlässigen Gesinnung erwarben ihm verdientermassen überall
ig. Wer ihm Freundschaft und Wohlwollen entgegen gebracht oder Dienste
uf seine stetige dankbare Anhänglichkeit zählen. Bosshardt war als feiner
beliebter Erzähler voller Munterkeit, Mittheilungslust und veranschaulichender
jrt sich ja bekanntlich dasselbe Erlebniss, die gleiche Anecdote, welche der
 
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