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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 54.1894

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I. Heimat und erste Jugendzeit (1855 - 1867)
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II. Erste Studienzeit in Sursee, Stans und Luzern (1867 - 1874)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43113#0013
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zu verletzen. Aloys war auch musikalisch gut beanlagt; er war ein guter Sänger
und spielte schon in seinen Knabenjahren die Flöte. Eine schöne Zeit war für die
jüngern Knaben jeweilen der Wonnemonat. In der nahen Maria Zell oberhalb dem
Sempachersee feierte man in dieser Zeit täglich die Maiandacht. Die Burschen ver-
pflanzten diese Feier in ihrem kindlichen Nachahmungstriebe nach dem «Wyberlist».
Ein stiller Winkel im alten Bauernhause wurde zur Kapelle, die Blumen des Feldes
zierten den durch Aloys’ Kunstfertigkeit hergerichteten Altar; Jost, der nachmalige P.
Basilius, Studienpräfekt in Engelberg, spielte die Violine, Aloys die Flöte und Franz
— den Pfarrer. Dieser ist denn auch wirklich ein würdiger Pfarrherr geworden.
Aloys besuchte mit seinen jüngern Brüdern die Gemeindeschulen von Oberkirch
und galt als ein sehr intelligenter Schüler. Dass er in dieser frühesten Jugend ein auffallen-
des Talent für Zeichnungen und Nachbildungen geoffenbart, ist nicht bekannt; der
Lehrplan der Gemeindeschule aus jener Zeit war allerdings auch nicht dazu angethan,
. ein schlummerndes Künstlertalent zu wecken. Ein systematisches Schulzeichnen kannte
man in diesen Dorfschulen kaum dem Namen nach. Dagegen bewies Aloys schon
sehr frühe eine grosse Handfertigkeit und eine ausgesprochene natürliche Anlage für
Mechanik. Aus dem geringsten Material konnte sich der Knabe ein Spielzeug zusam-
menleimen; er war der «Zitmacher» im «Wyberlist» und meistens lohnte der Erfolg
seine Kunst. Diese Handfertigkeit war eine natürliche Beanlagung, die dem spätem
Künstler sehr zu statten kam.
II.
Erste Studienzeit in Sursee, Stans und Luzern.
(1867—1874).
Die letzte Klasse der Volksschule besuchte Aloys in dem nahen Sursee. Hier
wurde das Zeichnen nicht so nebensächlich betrieben, und jetzt offenbarte Aloys denn
auch alsobald sein Talent. Bildhauer Sales Amlehn wurde auf den Schüler aufmerk-
sam und da er schon an den ersten hübsch ausgeführten Zeichnungen das Genie des
Künstlers entdeckte, liess er dieses nicht mehr aus den Blicken. Das Verhältnis zwi-
schen Lehrer und Schüler bildete sich mit der Zeit zu einer intimen Freundschaft aus.
Fortgesetzt unterhielt Aloys mit seinem «lieben Sales» einen regen Briefwechsel; nichts
hielt er vor ihm verborgen; sein Lehrer war ihm zum besorgten väterlichen Ratgeber,
nicht nur in Kunstsachen, sondern in allen Lagen seines Lebens geworden. «Unsere
Gedanken», schreibt Aloys in einem Briefe an Amlehn, «waren stets dieselben, und
wenn sie es nicht gewesen wären, ich hätte mich von Dir belehren lassen, weil ich
vor Dir und Deinen Urteilen stets eine hohe Achtung hatte. Ich habe Dir viel zu
verdanken; ich habe immer nur gelernt, wenn ich bei Dir zusammen sein konnte.»
Und dies letztere kam oft vor. In einem spätem Briefe schreibt der Künstler launig:
«Weisst Du, wie oft ich Deinetwegen so spät in den Wyberlist kam, dass die Suppe
kalt geworden und ich Deinetwegen daheim ausgeschimpft wurde!» Wenn Aloys aus
 
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