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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 54.1894

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II. Erste Studienzeit in Sursee, Stans und Luzern (1867 - 1874)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43113#0015
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«Heiligenmaler» nicht durchkreuzen lassen. Fellmann hat später den Mangel des natür-
lichen Farbengefühls durch energisches Studium der Natur bezwungen und die Be-
fürchtungen seines Lehrers glänzend widerlegt; allein gewiss hätte er auch in der
Xylographie oder im Kupferstich Aussergewöhnliches geleistet.
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Im Herbst 1872 wanderte der angehende Künstler nach Stans. Auf den Rat
Pater Theophils sollte er in das Atelier Deschwandens eintreten. M. Paul Deschwanden
nahm nun aber keine Schüler mehr an und so kam Aloys zum Maler und Zeugherrn
Carl Georg Kaiser. Immerhin arbeitete er unter der Oberaufsicht Deschwanden’s,
der dem jungen gemütlich-frommen Luzerner von Herzen zugethan war. Einige
feingezeichnete und auch in der Farbe delikat ausgeführte Engelköpfe nach Vorlagen
des Meister Deschwanden zeigen, dass er für dessen Manier nicht unempfänglich war.
Allein wiewohl er unter der Anleitung Kaiser’s fleissig zeichnete (er war sofort beim
Eintritte befähigt, Baurisse zu zeichnen), sah er doch bald genug ein, dass seine Vor-
bildung im Zeichnen zu ungenügend sei, um an’s Componiren und Malen zu gehen, und
so verliess er schon nach einem Jahre Stans. Eine langwierige Krankheit, die ihn im
Sommer 1873 heimsuchte, beeinträchtigte sein Studium sehr, und nur langsam und
dank vortrefflicher Kuren im Bad Knutwil und im Kurort Heiligkreuz im Entlebuch
fand er nach Wochen wieder die vorige Rüstigkeit.
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Im April 1874 trat Fellmann in die stadtluzernische Zeichnungsschule ein, welche
an Seraphin Weingartner, dem spätem Gründer und gegenwärtigen Direktor der
luzernischen Kunstgewerbeschule, einen trefflichen Leiter besass. Fellmann zeichnete
hier bis Ende August, vornehmlich nach Gipsabgüssen. Paul Deschwanden kam oft
nach Luzern und nie versäumte er den Besuch bei seinem vorjährigen Schüler. Über
seine Zeichnungen sprach er sich stets mit grösster Anerkennung aus. Während dieser
Periode versuchte sich Fellmann das erste Mal an kunstgewerblichen Sujets, Nach
Ostern des Jahres musste einer der kunstvollen silbernen Kandelaber, die sich im
Kirchenschatze zu St. Xaver befinden, gezeichnet w’erden. Weingartner liess diesen
Auftrag durch Fellmann ausführen, und dieser löste die Aufgabe meisterhaft. Das war
seine erste Arbeit nach einem kunstgewerblichen Originale, und sie mag ihn angeregt
haben, dieser Seite der Kunst die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Er hat es hierin,
wie sich aus seinen Hauptbildern, besonders aus dem «Gelübde», ergibt, zu hoher
Vollendung gebracht.
Fellmann war seinem Lehrer oft beim Unterricht behülflich, und die Schüler hingen
mit grosser Verehrung an ihm, wie überhaupt jedermann, der in irgend eine nähere
Beziehung zu dem Künstler trat, diesen recht eigentlich lieb gewinnen musste. Diesen
wilden Stadtbuben war der leiseste Wunsch Fellmanns Befehl. Vor Beginn des Unter-
 
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