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Noack, Ferdinand
Ovalhaus und Palast in Kreta: ein Beitrag zur Frühgeschichte des Hauses — Leipzig, Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.902#0076
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•jO $■ Ovalhaus und Palast.

mentale Architektur, könnte noch weniger eine ganze Kultur
sich in einer so engen Kontinuität mit den früheren Stufen
und in stetig aufsteigender Bahn noch weiter entwickelt hahen.
Tief eingegrabene Zeichen des Bruches und Rückganges
würden sich finden müssen. Oder wollte man einen Einschnitt
schon in jenem frühen Zeitpunkt machen, wo das alteuropäische
Ovälhaus in seiner Entwicklungsmöglichkeit auf Kreta er-
kannt wurde? Aber außer anderen Erwägungen sprechen ge-
rade die Beobachtungen an den ältesten kretischen Grabfunden
und Kulturschichten85) gegen einen Bevölkerungswechsel in
diesen früheren Perioden.

Das komplizierte Problem kann nicht von nur einer Seite
her und heute wohl überhaupt noch nicht gelöst werden. Die
reichen, sich noch immer mehrenden Einzelformen der bauenden
und bildenden Kunst und nicht die der Kunst allein, sondern
ebensosehr die der Religion und des Kultus, die Formen des
sozialen Lebens, die aus den Anlagen des Wohnens und aus den
Bildern zu uns sprechen, — von den Rätseln der Schrift ganz
zu schweigen, — sie alle bedürfen noch in ihrer eigenen, be-
sonderen Entwicklung wie in ihren vielfältigen Beziehungen
zu einander eingehender Untersuchungen, ehe wir eine erfolg-
reiche, überzeugende Lösung des großen geschichtlichen Pro-
blems, das kretische Kultur heißt, erwarten dürfen. Die vor-
liegende Untersuchung hat an ihrem Teil mit der Beschrän-
kung, die die Methode fordert, nach diesem Ziele hingearbeitet;
sie hat ihre Aufgabe erfüllt, wenn es ihr gelungen ist, zu
zeigen, daß die grundlegende Typik der Palastanlagen auf
Kreta selbst ihre Heimat hat.

85) Ann. XH, 266 f.
 
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